Schwellenländer: Risikofreudigere Partner erfordern anderes Forderungsmanagement

Ein Engagement im Ausland ist für Unternehmen immer mit einem gewissen Risiko behaftet. Wer sich aber in Schwellenländer wagt oder mit dort ansässigen Partnern Geschäfte betreibt, geht ein zusätzliches Risiko ein, denn Unternehmen in Schwellenländern sind in der Regel besonders risikofreudig. Westeuropäischen Firmen kennen zwar diese besondere Risikofreude, ziehen daraus aber kaum Konsequenzen. Das ergab eine internationale Studie der Atradius Gruppe, die weltweit Kreditversicherungen, Bürgschaften und Inkassodienste anbietet.

Laut dieser Studie halten 44 % der befragten Unternehmen ihre Konkurrenten und Partner in den Schwellenländern für risikofreudiger als sich selbst, wenn es um die Erschließung neuer Märkte geht. 35 % sind der Meinung, Unternehmen aus den Schwellenländern sind auch bei der Einführung neuer Produkte mutiger.

Der Grund für die größere Risikofreude ist der hohe Anteil neuer Unternehmen in diesen Ländern. Vergleicht man das Verhalten dieser Gründer mit dem von westeuropäischen Gründern, ist die Risikobereitschaft durchaus ähnlich hoch. Michael Karrenberg, Leiter Risikomanagement bei Atradius in Köln mahnt allerdings zur Vorsicht gegenüber mittelständischen Handelsunternehmen in Wachstumsmärkten wie China, Russland oder Brasilien. „Aufgrund geringer Margen suchen sich diese Firmen teils sehr sprunghaft immer neue Nischen, die mitunter nichts mehr mit ihrem Kerngeschäft zu tun haben. Wir erleben oft, dass hierbei Chancen und Risiken aus dem Gleichgewicht geraten.“

Insgesamt sehen westeuropäische Unternehmen eine Reihe von Wettbewerbsvorteilen bei Firmen aus Schwellenländern, darunter die Fähigkeit, kostengünstigere Herstellungsverfahren zu entwickeln (33 %), mit weniger Hierarchieebenen auszukommen (31 %) sowie flexibler und innovativer zu produzieren.

Aus dem Wissen um die besondere Risikofreude der Unternehmen in den Schwellenländern ziehen die westdeutschen Unternehmen jedoch kaum oder gar keine Konsequenzen. So wenden zwei Drittel im Umgang mit Partnern in Schwellenländern keine anderen Forderungsmanagement-Praktiken an als gegenüber Partnern in Westeuropa. Dr. Thomas Langen, Chef von Atradius Deutschland, appelliert deshalb an hiesige Unternehmen, die in Schwellenländer exportieren, auf jeden Fall die rechtlichen Rahmenbedingungen des Absatzmarktes zu berücksichtigen. Langen: „Wer dann noch seine Kunden kennt und im besten Fall seine Forderungen absichert, kann sich ganz auf die Chancen neuer Wachstumsmärkte konzentrieren.“

Der wichtigste Markt unter den aufstrebenden Schwellenländern ist für 28 % der international Befragten das Schwellenland China. Dem Reich der Mitte folgt Russland mit 23 %, Polen mit 23 %, Tschechien mit 16 % und Brasilien mit 14 %. Die deutschen Studienteilnehmer nannten Russland (29 %) als das für sie wichtigste Schwellenland.

Die (englischsprachige) Studie Doing business with emerging markets in 2011 steht per Download kostenfrei im Internet zur Verfügung. Im Mai legte Atradius bereits einen 10-Punkte-Plan mit den wichtigsten Weichenstellungen für erfolgreiche Geschäfte mit Russland vor. Die Checkliste ist ebenfalls kostenfrei hier verfügbar.

(Atradius / ml)