MHMK-Studie: Welche Musikportale sind für Musiker am lukrativsten?

Musiker müssen sich der Öffentlichkeit präsentieren können, sonst machen sie kein Geschäft. Waren sie früher auf das Marketing von Musiklabels angewiesen, so versuchen immer mehr Musiker ihre Musik über Musikportale im Internet selbst zu vermarkten. Aber was taugen diese Portale? Und welche sind die Besten? Das untersuch­ten Wissenschaftler der Macromedia Hochschule für Medien und Kommunikation (MHMK) in einer umfangreichen Studie mit dem Titel Kreative fordern Technik – Musikplattformen im Stresstest. Darin werden 13 der bekanntesten Musikportale in den Kategorien Künstlerpräsentation, Promotion, Social Media, Design, Finanzen, Verfügbarkeit, Funktionalität, Fairness und Transparenz nach insgesamt 45 Einzelkriterien untersucht und bewertet.

Im Zentrum des Interesses der Musikwissenschaftler und Studienautoren stand der langfristige Nutzen der Plattformen für die Künstler. Durchgeführt und unabhängig konzipiert wurde die Studie von insgesamt sieben Wissenschaftlern der MHMK: Prof. Matthias Gülzow vom MHMK-Campus Berlin, Prof. Dr. Tobias Debuch aus Hamburg, Prof. Dr. Martin Lücke aus München, Prof. Dr. Michael Oehler aus Köln sowie den wissenschaftlichen Mitarbeitern Judith Lehninger aus Berlin, Kerstin Ullrich aus Köln und Stefan Schulte-Holthaus aus München.

Insgesamt bewerteten die Experten die Vertriebsplattformen sellaround und restorm für Bands mit der Note 1,5 als am Besten geeignet, um eigene Songs zu promoten, sofern noch kein Vertrag mit einem großen Label unterschrieben wurde. Jedoch könne dies nicht als generelle Aussage verstanden werden, so die Studienautoren, da jede Band Ihr individuelles Setup brauche. Die untersuchten Crowdfunding-Plattformen unterscheiden sich weniger in ihrer Qualität als in ihrer Ausrichtung und sollten daher im Einzelfall entsprechend den Marketingzielen ausgewählt werden, raten die Wissenschaftler.

Die Studie kommt außerdem zu dem Schluss, dass die untersuchten klassischen Musikportale für Bands und kleinere unabhängige Musikunternehmen weniger interessant sind, da man dort nur wenig Einfluss auf die Aufnahme in die Portale habe. So führe der Weg zum kommerziellen Erfolg nicht über eines der klassischen Portale, „sondern über ein großes Label in diese Portale.“

Grundsätzliche Schlussfolgerungen aus der Studie

  1. Wie in fast allen Geschäftsbereichen ist das Internet Chance und Risiko zugleich: Für bisher unbekannte Bands und auch kleinere Musikunternehmen überwiegen in der Summe die Chancen. Die Entwicklung der Portale ermöglicht ihnen eine leichtere Promotion von Songs. Erlöse in größerem Umfang werden allerdings auf diesem Weg auf absehbare Zeit nur in Einzelfällen zu erzielen sein.
  2. Das in Praxis und Theorie allgemein entwickelte moderne Verständnis von Marketing gilt auch für die Musikbranche: Das Idealbild des kreativen Musikers, von dem ein Management alle Widrigkeiten des Lebens fernhält, damit er sich dem Schaffensprozess in seiner reinen Form hingeben kann, scheint zwar noch in vielen Musikerköpfen zu existieren. In der Realität aber beschäftigt sich, auch durch die vorgestellten Plattformen, inzwischen eine so breite Masse von Bands selbst mit Marketing, dass nur sehr wenige Musiker auf der Welt umhinkommen werden, sich einem modernen Marketingverständnis zu stellen. Ebenso wie Songwriting, Performance und Produktion kreative Prozesse sind, an denen unterschiedliche Akteure mit ihren besonderen Kompetenzen beteiligt sind und die ineinandergreifen müssen, braucht auch das Marketing für jeden Song neuen kreativen Input.
  3. Auch in der kleinteiligen Musikbranche müssen die Aufwendungen für das Marketing in eine vernünftige Relation zu den Aufwendungen für die Produktion der Musik gebracht werden: Dies gilt insbesondere im semiprofessionellen Bereich. Die übliche Faustformel „pro Euro Investition in das Produkt ein Euro Investition in das Marketing“ wird auch hier Gültigkeit haben. Auf dem Weg zum wirtschaftlichen Erfolg werden auch Newcomerbands nicht umhinkommen, Marketing- und Produktionskosten zu synchronisieren.
(Zitiert aus der Pressemitteilung der MHMK)

Die Studie in all ihrer Nüchternheit solle Kreative ermutigen, aktiv zu sein und zu bleiben und die Vielfalt der Marketingmöglichkeiten zu nutzen, wünschen sich die Autoren der Studie. Sie sind sich sicher, dass sich für Musiker durch die untersuchte Musikportallandschaft – bei genauer Kenntnis des Marktes – mehr Chancen ergeben, sich dem Publikum zu präsentieren.

Die Studie steht per Download kostenfrei im Internet zur Verfügung.

(MHMK / ml)

Lesetipp der Redaktion

Wir sind von der Studie sehr angetan. Sie ist tatsächlich derzeit eine von ganz wenigen seriösen Quellen, aus denen sich Musiker und Bands über Musikportale als Businessplattformen und aus Sicht von Anbietern informieren können. Die rund 90-seitige Studie bietet eine beeindruckende Menge an Daten und Vergleichen.

Manche der Aussagen lassen sich durchaus auch auf andere Internet-Portale für Kreative übertragen. So dass wir ihre Lektüre nicht nur Musikern empfehlen können.

(ml)