Drucktechnik: Die Branche wechselt zu Chips und Facebook-Fotos

Die Druckindustrie macht tatsächlich Druck – bei der Suche nach neuen Märkten. Die Branche gilt als Hoffnungsträger angesichts von Rohstoff- und Energieproblemen ganz anderer Industrien – und mit ganz neuen Produkten. Da sind z.B. fast unsichtbare Strom leitende Strukturen auf einer Folie. Diese ultradünnen Polyethylen-Schichten sind später ein maßgeblicher Bestandteil von Touchdisplays – im Handy oder hinter Schaltern aller Art.

Die silbernen Zeilen und Spalten auf der Folie erkennen auch hinter millimeterdickem Kunststoff die elektrischen Eigenschaften eines Fingers. In Fürth bei Nürnberg will die Firma PolyIC in Zukunft aber noch weiter gehen. Gedruckte Intelligenz – ultradünn und vielseitig, sagt Wolfgang Mildner, Geschäftsführer der PolyIC GmbH & Co. KG:

„Ich kann die Verpackung eindeutig identifizieren, da ist das Stichwort RFID in aller Munde, dort wirklich jede einzelne Verpackung wirklich genau zurückverfolgen zu können, bis hin zu intelligenten Funktionen. Zum Beispiel festzustellen: Ist dort die richtige Temperatur erreicht? Also sensorische Funktion. Oder: Verwendet der Benutzer das Produkt richtig? Zum Beispiel bei Tablettenverpackungen: Nimmt er seine Tabletten richtig? Immer zum richtigen Zeitpunkt? Das heißt, die Verpackung bekommt dann die Intelligenz, auch so etwas zu erfassen und zu speichern.“

Ganze Schaltkreise oder sogar Minirechner sollen also irgendwann auf Folie gedruckt werden, rohstoffeffizient, rollenweise, 30 m pro Minute oder mehr, kurz: extrem preisgünstig. Genau wie die gedruckte Solarzelle ist das aber noch Zukunftsmusik.

Bereits real ist diese Lösung: Facebook to print. Ruck-zuck ist ein Foto im Social Web geteilt, kommentiert und – auch wieder vergessen. Diese Schnelllebigkeit ist nicht jedermanns Sache. Mit ein paar Mausklicks bestellen immer mehr User gebundene oder nicht gebundene Abzüge ihrer Schnappschüsse. Und die Nachfrage steigt: Laut Fotoindustrieverband wurden im Jahr 2005 erst 150.000 individuell erstellte Fotobücher verkauft – 2010 waren es bereits 5,7 Mio. Für Druckereien und Programmierer ist das ein wachsendes Betätigungsfeld. Und interessiert sind vor allem jüngere Zielgruppen, die analoges Fotografieren gar nicht mehr kennen. Stephan Otterbach von Heyhey Photo Books:

„Wir haben jetzt im Laufe der Zeit auch festgestellt, dass auch die ältere Zielgruppe zwischen 35 und 45 Lust haben, ein Produkt auch wieder in die Hand zu nehmen, ein Online-Produkt in ein Offline-Produkt sozusagen umzuwandeln, ihren Freunden eine Freude zu machen, das zum Geburtstag oder zu Weihnachten oder anderen Anlässen zu verschenken.“

Dennoch gleichen die Zuwächse im Digitalfotodruck die Volumenverluste im Analogbereich noch nicht aus. Viele Bilder existieren weiter nur auf Festplatten. Aber Polyprint z.B. sieht gute Chancen für die Zukunft. Geschäftsführer Stefan Meiners:

„Wir beschäftigen uns jetzt seit 20 Jahren mit Digitaldruck, mit klassischem Web-to-print-Anwendungen – das, was viele Kollegen und Druckereien auch jeden Tag machen. Und dort etwas Besonderes zu finden, ist schon schwer. Wir sehen aber im Internet insgesamt und besonders in Applikationen die Zukunft. Und deshalb haben wir uns da mit Begeisterung und Freude – aber auch mit einem gewissen Risiko – darauf gestürzt und sind aber der Meinung, dass man damit Geld verdienen kann.“

Die Freude über ein gedrucktes Album kann sogar unbezahlbar sein, je nach Anlass oder verewigter Erinnerung. Auf alle Fälle ist das Bild in der Hand etwas ganz anderes als ein Foto auf dem Bildschirm. (mtx)