Mittelstand: Das IfM Bonn erklärt der Politik die Ist-Situation

Während sich die Mittelstandsschelte in Sachen Industrie 4.0 („erste Halbzeit verloren“) verschärft, je näher CeBIT und Hannover Messe rücken – das manager magazin sieht gerade die „US-Champions, die Microsofts, Amazons und Googles dieser Welt, mit all ihrer Raffinesse und Raffgier in das Business“ drängen –, ist gut Gelegenheit, die Füße stillzuhalten und lieber etwas Grundlagenforschung zu treiben. Also. Wie sieht der Mittelstand momentan aus? Das Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn hat dazu zwei aktuelle Studien vorgelegt, die in Erinnerung rufen, wie vielfältig die mittelständische Wirtschaft aufgestellt ist.

Die beiden Studien „Mittelstand im Wandel“ und „Mittelstand zwischen Fakten und Gefühl“ sind Bestandsaufnahmen dessen, was „Mittelstand“ ausmacht. Gemeint ist alles vom selbstständigen Einzelkämpfer über Online-Start-ups (die Lieblinge der Digitalisierung) bis zum prototypischen Muster, dem – z.T. ordentlich großen – Familienunternehmen. Die Entwicklung im Selbstverständnis gibt allerdings zu denken: Definitorischer Mittelstand und selbst definierter Mittelstand sind keineswegs deckungsgleich. Gewachsene Unternehmen verstehen sich eher als mittelständisch (91 % der Großunternehmen bezeichnen sich selbst so); dagegen identifizieren sich gerade kleine, junge Firmen kaum mit der Bezeichnung (bei den Kleinstunternehmen sind es gerade 40 %). IfM-Präsidentin Prof. Dr. Friederike Welter (Universität Siegen), selbst Spezialistin für das Management kleiner und mittlerer Unternehmen, sagt:

„Viele große Unternehmen sind häufig über mehrere Generationen hinweg gewachsen. Mittelstand ist daher für die Eigentümer gleichbedeutend mit Tradition und bestimmten Werten. Daher halten auch viele Großunternehmen gerne am Zugehörigkeitsgefühl fest – selbst wenn die Eigentümerfamilie nur noch Unternehmensanteile besitzt, aber nicht mehr selbst im Unternehmen aktiv ist.“

Das IfM sieht sich daher in seiner Mittelstandsdefinition bestärkt, die – anders als etwa das EU-Verständnis von KMU (SME/SMB) – neben dem quantitativen Kriterium auch qualitative Aspekte berücksichtigt. Zentral ist für das IfM die „Einheit von Eigentum und Leitung“, sodass die Extension des IfM-Begriffs „Mittelstand“ weiter ist: Alle KMU sind Mittelstand, aber nicht jedes mittelständische Unternehmen ist ein kleines oder mittleres Unternehmen. Zugleich macht Prof. Welter auf die enorme Dynamik bei kleinen und jungen Unternehmen aufmerksam:

„Die Zahl dieser Kleinstunternehmen ist besonders in den vergangenen beiden Jahrzehnten im Zuge des wirtschaftlichen Strukturwandels und der rasanten technologischen Entwicklung kontinuierlich gestiegen.“

Aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, das an den Studien beteiligt war, weist Staatssekretär Matthias Machnig auf die Vorbildfunktion des Mittelstands hin, um den andere Volkswirtschaften froh wären (z.B. Großbritannien). Er verweist in diesem Zusammenhang auf die Gründerförderung und neue Mittel für innovative Unternehmen, etwa die neuen steuerlichen Rahmenbedingungen für Wagniskapital (INVEST) oder die Aufstockung des EXIST-Programms für Gründungen aus Hochschulen.

Die Studien „Mittelstand im Wandel“ (von Friederike Welter, Eva May-Strobl und Hans-Jürgen Wolter unter Mitarbeit von Brigitte Günterberg; IfM-Materialien Nr. 232) und „Mittelstand zwischen Fakten und Gefühl“ (von Friederike Welter, Eva May-Strobl, Michael Holz, André Pahnke, Susanne Schlepphorst und Hans-Jürgen Wolter unter Mitarbeit von Peter Kranzusch; IfM-Materialien Nr. 234) gibt es beim Institut für Mittelstandsforschung kostenfrei als PDFs zum Herunterladen. (Quelle: IfM Bonn/red)