Wasser als Kältemittel: Warum reines Was­ser das bes­sere Kälte­mittel ist

Spätestens seit der EU-weiten F-Gase-Ver­ord­nung sind Be­trei­ber von Kält­e­anlagen ge­for­dert, nach neuen Kühl­lösungen zu suchen. Gründe sind die sprung­haft ge­stie­ge­nen Preise für HFKW-Kälte­mittel und der Mehr­auf­wand, der zur Ein­hal­tung der vers­chärf­ten ge­setz­li­chen Sicher­heits­anforde­run­gen nötig ist.

Dann eben mit R718

Von Florian Hanslik, Efficient Energy

Die F-Gase-Verordnung Nr. 517/2014 der Europäischen Kommission soll der Treibhausgas-Emission von fluorierten Kältemitteln entgegenwirken. Sie sieht vor, bis zum Jahr 2030 schrittweise das CO₂-Äquivalent der in den Markt gebrachten Kältemittel um nahezu 80 % zu reduzieren. (CO₂-Äquivalent ist die Maßeinheit, in der das Treibhauspotenzial des jeweiligen Kältemittels im Vergleich zu CO₂ angegeben wird.) Seit Januar 2018 sind die für den Markt verfügbaren CO₂-Äquivalente, bezogen auf das Jahr 2015, auf 63 % gesunken. Dies hat zu einer spürbaren Verknappung fluorierter Kältemittel mit hohem GWP (Global Warming Potential) geführt und zu einem damit verbundenen erheblichen Preisanstieg für HFKW-Kältemittel. Zugleich haben RZ-Betreiber angesichts des stetig wachsenden Bedarfs an Kühlleistung für HPC-Workloads (High Performance Computing) aus künstlicher Intelligenz, Big Data, Video- und Bildverarbeitung, Simulationen etc. mit steigenden Energiekosten zu kämpfen.

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F-Gase-Reduktion auf der Zeitleiste (Bild: Efficient Energy)

Auch die Betriebs- und Sicherheitsanforderungen wurden verschärft: Betreiber sind zu zeit- und kostenintensiven Wartungszyklen mit hohem Aufwand verpflichtet. So müssen zum Beispiel Leckagen, bei denen fluorierte F-Gase entweichen können, unverzüglich von zertifizierten Personen und Unternehmen repariert werden. Betreiber von Anlagen, deren Füllmenge 5 t CO₂-Äquivalent überschreitet, sind zu regelmäßigen Dichtigkeitskontrollen und der Führung von Aufzeichnungen verpflichtet. Hinzu kommt ein Verbot von Neuanlagen, die Kältemittel mit besonders hohem GWP verwenden. Des Weiteren schreibt die EU-Ökodesign-Richtlinie 2009/125/EG nun auch für Kälteanlagen Mindesteffizienzwerte vor. Zusätzliche Betreiberpflichten regelt die DIN EN 378, etwa die Sicherheitsanforderungen für Kälteanlagen in Bezug auf Aufstellung, Betrieb und Überwachung.

Wasserkühlung ohne CO₂-Äquivalent

Auf der Suche nach Alternativen rückt – abgesehen von der freien Kühlung – vor allem die Klimatisierung mit Wasser als Kältemittel in den Blickpunkt der Betreiber. Wasser hat als Kältemittel die Bezeichnung R718. Mit einem GWP von 0 CO₂-Äquivalent ist es absolut klimaneutral und fällt nicht unter die F-Gase-Verordnung. Das bedeutet: Sämtliche für fluorierte Kältemittel relevanten Sicherheitsanforderungen finden keine Anwendung. Zudem ist Wasser aufgrund seiner fehlenden Toxizität und Brennbarkeit ein ausgesprochen sicheres Kältemittel, es nimmt die Wärme gut auf, ist zudem leicht verfügbar, einfach handhabbar und kostengünstig.

Selbst die grundsätzliche Scheu mancher Admins vor Wasser lässt sich nehmen: Das BMWi-geförderte Netzwerk Energieeffiziente Rechenzentren (NeRZ), das systematisch ökologisch und ökonomisch verträgliche Lösungen für mittelständische Serverstandorte entwickelt, betont, dass Wasserschäden „keine reale Gefährdung“ darstellen und dass im Gegenteil „erste Erfahrungen zeigen, dass die IT weniger ausfällt (gleichmäßigere, etwas niedrigere Temperaturen)“. Beim NeRZ interessiert man sich für wassergekühlte Systeme auch unter dem Aspekt der Abwärmeweiterverwendung.

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Installationsbeispiel IT-Serverraum-/Schaltschrankkühlung (Bild: Efficient Energy)

Kombiniert man eine Wasserkühlung mit Freikühlung, wie das etwa der eChiller von Efficient Energy tut, ist man nicht nur in Sachen F-Gase aus dem Schneider und erfüllt bereits heute die gesetzlichen Richtlinien von morgen, sondern profitiert von energetischen Vorteilen: Durch eine integrierte stufenlose Regelung schaltet die Anlage bei Kühlwassertemperaturen, die nur geringfügig unterhalb der geforderten Kaltwassertemperatur liegen, in den Freikühlmodus. Je nach Anwendungsfall werden so im Laufe eines Jahres bis zu 80 % Energieersparnis gegenüber dem Stand der Technik erzielt.

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Schwarz auf Weiß
Dieser Beitrag erschien zuerst in unserer Magazin­reihe „Rechen­zentren und Infra­struktur“. Einen Über­blick mit freien Down­load-Links zu sämt­lichen Einzel­heften bekommen Sie online im Presse­zentrum des MittelstandsWiki.

Förderfähige Kältemaschine

Der eChiller erfüllt sowohl die Effizienzanforderungen der Verordnung EN 2016/2281 zur Ökodesign-Richtlinie, die im Januar 2018 in Kraft getreten ist, als auch bereits heute die noch höheren Anforderungen, die ab Januar 2021 gelten. Die Kosten für das Kältemittel belaufen sich auf eine einmalige Anlagenfüllung mit 60 l Leitungswasser. Und bei Außerbetriebnahme der Anlage kann das Wasser ohne Auflagen der Abwasserentsorgung zugeführt werden. Nicht zuletzt ist der mehrfach ausgezeichnete eChiller (u.a. mit dem Deutschen Rechenzentrumspreis 2017, dem RAC Cooling Industry Award 2017 und zuletzt 2018 mit dem Euro­pean Busi­ness Award for the En­viron­ment) BAFA-förderfähig: In Deutschland fördert das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle den Einsatz der eChiller im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative.

Der eChiller ist für die Kühlung von Prozessen mit hohen Kaltwasser-Vorlauftemperaturen ausgelegt. Optimal kühlt er in einem Bereich von 16 °C bis 22 °C. Es können aber auch Vorlauftemperaturen zwischen 10 °C und 28 °C gefahren werden – ein Spektrum, das andere Kältemaschinen nur teilweise abdecken können. Insofern eignet er sich gut für die Kühlung von Server- und Schalträumen. Je nach Auslegung der Kaltwasseraustrittstemperatur und des Verdichters ist der eChiller in zwei Ausführungen (Typ 35 und Typ 45) in einem Bereich von 20 bis 45 kW Nennleistung erhältlich. Die Kälteleistung ist modular bis auf 300 kW skalierbar.

Die Einbindung in das übergeordnete DCIM (Data Center Infrastructure Management) bzw. Anlagenmanagement und die Ansteuerung der Peripherie (Rückkühlwerk, Kühl- und Kaltwasserpumpen sowie das Kühlwasserventil zum Frostschutz) geschieht über Standardschnittstellen. Seit Kurzem gibt es neben dem reinen Kaltwassersatz auch ein komplettes „Plug-and-play-System“ mit einem optionalen Pumpenhydraulikmodul samt allen erforderlichen hydraulischen Komponenten sowie passendem Rückkühler.

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Florian Hanslik ist Leiter Entwicklung Anlage und Regelung bei der 2006 gegründeten Efficient Energy GmbH, die umweltfreundliche Kältetechnik entwickelt: Die Kompressionskältemaschine eChiller verwendet als Kältemittel reines Wasser (R718) und wurde bereits mehrfach ausgezeichnet. Der eChiller wird seit Ende 2015 im eigenen Hause produziert und ist seit Anfang 2016 als Seriengerät verfügbar. Produktion, Vertrieb und Entwicklung erfolgen am Standort in Feldkirchen bei München.


Efficient Energy GmbH, Hans-Riedl-Str. 5, 85622 Feldkirchen, Tel.: 089-693369-500, info@efficient-energy.de, www.efficient-energy.com

Praxisbeispiel Sparkassen-IT Calw

Wie das in der Umsetzung funktioniert, zeigt das Beispiel der Sparkassen-IT GmbH & Co. KG. Das Tochterunternehmen der Sparkasse Pforzheim Calw ist der Betreiber des größten Glasfaserbreitbandnetzes in der Region Nordschwarzwald. Im Rechenzentrum in Calw werden seit Juni 2016 sowohl eigene als auch Kundenserver betrieben. Die Kühlung des Serverraums erfordert bei hundertprozentiger Auslastung eine Kaltgangtemperatur von maximal 26 °C bei einer maximalen Kühlleistung in der letzten Ausbaustufe von 30 kW. Dies entspricht dem optimalen Anwendungsbereich des eChillers.

Als Lösung wurden im Serverraum Racks in einer Kaltgangeinhausung aufgestellt. Die Kühlluftzufuhr zu den Servern erfolgt über Sidecooler, die Bereitstellung des Kaltwassers mittels eChiller. Für die erforderliche Redundanz ist ein herkömmlicher Kaltwassersatz mit HFKW als Kältemittel installiert worden. Angebunden wird der Serverraum an die Kälteerzeugung mittels einer hydraulischen Weiche und redundanten Pumpen. Die Kühlung der Server erfolgt ausschließlich über den eChiller.

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Das Diagramm zeigt die erzeugte Kälteleistung in Calw und die dabei erreichten Effizienzwerte auf Monatsbasis. (Bild: Efficient Energy)

Das Besondere an dieser Anwendung war der langsam – über einen Zeitraum von über einem Jahr – und diskontinuierlich wachsende Kälteleistungsbedarf durch den stufenweisen Ausbau der Serverkapazität. Seit Juli 2017 ist dieser nun abgeschlossen, und es wird eine mittlere Kälteleistung von 28 kW abgerufen. Realisiert wurde auch die Einbindung eines Pufferspeichers.

Setzt man die Werte für das Jahr 2017 ins Verhältnis, erhält man für diesen Zeitraum eine Jahresarbeitszahl von ca. 24. Über die gesamte Betriebsdauer von Februar 2017 bis Juni 2018 wurden etwa 300 MWh Kälte erzeugt. Der erforderliche Strombedarf zur Kälteerzeugung betrug hierfür etwa 12,7 Mwh.

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