Produktnutzen

Wissen, was für Kunden wirklich zählt

Von Dr. rer. nat. Jürgen Kaack, STZ-Consulting Group

Ein Produkt ist mehr als die Summe von eingesetzten Materialien und Aufwand bei der Darstellung. Für den Erfolg eines Produktes auf dem Markt ist insbesondere der Produktnutzen für den Anwender von Bedeutung. Um den Produktnutzen zu ermitteln, können folgende Fragen helfen:

  • Welches Bedürfnis erfüllt der Kunde mit dem Kauf?
  • Wie gut erfüllt das Produkt das eigentliche Bedürfnis?
  • Welchen Nutzen zieht ein Kunde aus dem Erwerb des Produktes?
  • Gibt es Produkteigenschaften, aus denen der Kunde keinen Nutzen ziehen kann?
  • Unterscheidet sich der Nutzen für unterschiedliche Vertreter von Kundengruppen?
  • In welcher Lebens- oder Unternehmenssituation erwirbt er das Produkt?
  • Kann sich der vorhandene Nutzen durch Änderungen in der Produktgestaltung erhöhen?
  • Welche Alternativen hat der Kunde, um sein Bedürfnis zu befriedigen?
  • Welche Wettbewerber können das bestehende Bedürfnis ebenfalls befriedigen?
  • Wie gut ist das Produkt im Vergleich zu den Wettbewerbsprodukten?

Die Antworten können für unterschiedliche Kunden und Zielgruppen durchaus sehr unterschiedliche Relevanz haben. Dies gilt nicht nur für den rationalen, sondern insbesondere für den emotionalen Nutzenaspekt. Es ist daher unerlässlich, dass vor der Ermittlung des Nutzens eine passende Zielgruppensegmentierung erstellt wird und mittels einer Zielgruppenanalyse eine ausreichende Informationsbasis geschaffen wird.

Produkte als Waren und Leistungen

Wenn hier mit dem Begriff „Produkt“ argumentiert wird, so sind dabei alle aufgrund einer Leistungserbringung entstehenden und vermarktbaren Güter gemeint. Neben den Produkten, die im Rahmen eines Produktionsprozesses entstehen, sind dies auch Dienstleistungen, die für Kunden gegen Vergütung erbracht werden.

Produkte können an Unternehmen, Privatpersonen oder öffentliche Organisationen vermarktet werden. Auch sind Halbfertigprodukte zur Weiterverarbeitung oder Veredelung wie Produkte zu behandeln. Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit Vertriebsaufgaben oder mit dem Service für andere Produkte erbracht werden, sind generell ebenfalls wie Produkte zu behandeln. Die Kreditvergabe durch Geldinstitute ist ebenso ein Produkt in diesem Sinne wie Leistungen von gemeinnützigen Organisationen. Es ist somit für die weitere Betrachtung irrelevant, ob der Anbieter mit seinem Angebot einen Gewinn erzielt oder nicht.

Nutzen und subjektive Vorteile

Bei der Analyse des Nutzens, den der Käufer aus dem Erwerb des Produktes zieht, finden sich sowohl rational messbare als auch emotionale Faktoren, z.B. Image-Steigerung oder die Dokumentation der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe. Diese Form des Nutzens ist nicht zu unterschätzen und spielt insbesondere für Hersteller von Luxusgütern (z.B. Automobilen und Bekleidung) eine wichtige Rolle. Diskussionen darüber, welchen Fahrzeugtyp und welche Marke man fahren „darf“, damit man bei seinen Geschäftspartnern richtig angesehen wird, belegen diesen Nutzen. So kann man den eigenen Erfolg u.a. auch mit einer Automarke dokumentieren.

Ein anderes Beispiel: Die Uhrenmarke Swatch hat den Grundnutzen einer Uhr – das Anzeigen der Zeit – nicht geändert, aber durch Design und Material einen neuen Image-Nutzen erzeugt. Damit wurden Zielgruppen angesprochen, die damit ihr Image als dynamische, weltoffene und moderne Menschen dokumentieren. Interessant ist dabei, dass nicht nur die Zielgruppe der Jugendlichen erreicht wurde, sondern z.B. auch Unternehmensberater oder Banker – und damit Menschen, die sich grundsätzlich auch deutliche teurere Uhren leisten könnten. Diese Art der Nutzenschaffung kann man immer wieder beobachten. Sie kann sogar als Basis für erfolgreiche Unternehmensgründungen ausreichen.

Fazit: Wichtig für Preis und Markterfolg

Der Produktnutzen ist, über den Produktlebenszyklus betrachtet, nicht unbedingt stabil und kann durch neue Angebote von Wettbewerbern, durch technologische Weiterentwicklungen und gesellschaftliche Entwicklungen verändert werden. Beispielsweise ist der Produktnutzen eines Walkmans durch die Einführung von MP3-Playern drastisch gesunken. Wenn es nicht gelingt, das Produktportfolio auf Dauer für die Zielgruppen auf einem vergleichbaren Nutzenlevel zu halten, dann können auch die Kundenwerte über die Zeit sinken.

Der Produktnutzen ist eine wichtige Eingangsgröße bei Planung neuer Produkte (Produkteinführung), der Umsetzung von Wachstumsvorhaben auf der Basis neuer Leistungsangebote und der Preisgestaltung für bestehende Produkte: Je höher der Produktnutzen ist, desto höher kann der Preis angesetzt werden. Bei einem hohen Produktnutzen, z.B. aufgrund von Image-Werten, kann ein niedriger Preis den Vermarktungserfolg sogar negativ beeinflussen. Auch zur Optimierung der anderen Marketing-Mix-Faktoren, der Vertriebskanäle und der Kommunikation ist die Art des Nutzens wichtig. Für die meisten Produkte ist ein zielgruppenspezifischer Marketing-Ansatz erfolgreicher als ein unspezifischer.

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