Heise-c’t-Beilage: Österreich ver­steht Digi­tali­sierung als Service

In Österreich ist im November zur c’t 25/2019 die Heise-Beilage „IT-Unter­nehmen aus Öster­reich stellen sich vor“ erschienen. Das Heft gibt es im Mittelstands­Wiki jetzt auch für Deutsch­land als freies PDF zum Herunterladen.

Interessant ist die Beilage für die nördlichen Nachbarn insofern, als in Österreich so manches anders läuft: Zum Beispiel wurden dort bereits die ersten 5G-Echtnetze aufgespannt – und zwar schon zu einer Zeit, als in Deutschland die Frequenz­versteigerung gerade erst begonnen hatte. Als treibende Kraft zeigt sich vor allem Drei. „Also bitte: 5Geht doch!“ ist der Beitrag von Dirk Bongardt überschrieben. Lohnend ist auch der Blick auf die Digitalisierungs­anstrengungen im österreichischen Mittelstand. Kai Tubbesing hat seinen Report am European Private Business Survey 2019 von pwc aufgehängt. Daraus ergibt sich der zunächst kuriose Befund, dass die mittelständischen Unternehmen der Alpen­republik kräftig wachsen und zu 77 % zuversichtlich sind, dass das auch so weitergeht – in Deutschland sind dagegen nur 46 % wachstums­optimistisch, im Europa­durchschnitt 58 %. Allerdings: Der Anteil von „Unternehmen, die der digitalen Transformation für ihre Überlebens­fähigkeit große Bedeutung beimessen“, umfasst gerade einmal 49 % – in Deutschland sind es 56 %, im europäischen Mittel 65 %.

Kann also Austria auf die Digitalisierung verzichten? Nicht unbedingt. „Ein Grund dafür könnte sein, dass der Service­gedanke ohnehin sehr viel stärker gelebt wird als etwa in Deutschland“, mutmaßt Tubbesing, und Thomas Jannot schlägt mit seinem Editorial in dieselbe Kerbe: Österreichische Unter­nehmen ticken näher am Kunden und digitalisieren dann und nur dann, „wenn’s auch etwas bringt“. Und zwar den Kunden. Davon abgesetzt ist die eher deutsche Herangehens­weise, die bei einer techno­logischen Neuerung zuerst eigene Geschäfts­modelle prüft und damit Gefahr läuft, dieselbe Frage in der Gegen­richtung zu stellen: Was bringt es mir?

Es gibt gleichwohl eine ganze Reihe von guten mittel­ständischen Beispielen zwischen Feldkirch und Wien, die zeigen, dass öster­reichische Unternehmen mit Erfolg digitalisieren. Dazu gehören die Erema Group mit ihrer Kunden­plattform BluPort, die Klima­spezialisten von Radel & Hahn aus Mattersburg mit ihrer Wartungs-App und einem Webservice zur Fern­überwachung oder der Maschinen­bauer LiSEC, der 2019 als bestes Familien­unternehmen Nieder­österreichs ausgezeichnet wurde und seinen Kunden mit LiSEC.eye bei Stillständen eine interaktive Video­konferenz­schaltung zum Service­techniker ermöglicht. Auffällig ist in der Tat, dass diese digitalen Lösungen in der Mehrheit stark von Kunden­nähe und Servicelogik geprägt sind.

Hierher passt auch der Bericht vom Wiener VSC-4. Der Vienna Scientific Cluster packt in der jüngsten Ausbaustufe 37.920 Prozessor­kerne auf engsten Raum. Michael Hülskötter hat sich angesehen, ob und wie das überhaupt noch zu kühlen ist. Das geht durchaus, und zwar mit Warmwasser nach dem Vorbild des Münchner SuperMUC. Friedrich List berichtet außerdem vom Stand der Dinge in Sachen Smart Grids – eine der fortschrittlichsten Lösungen dürfte das Viertel Zwei in der Krieau sein, das schon mit Energiehandel auf Blockchain-Basis experimentiert.

Dass Österreich aber „keine Insel der Glückseligen“ ist, zeigt der DSGVO-Beitrag von David Schahinian. Er blickt zurück auf die Zeit seit dem 25. Mai 2018 und das Motto „verwarnen statt strafen“. An Warnungen an Wirtschaft und Organisationen hat es zuletzt wirklich nicht gefehlt. Dennoch kam im Oktober die Geldbuße von 18 Millionen Euro für die Post überraschend. Nicht ganz glücklich ist bislang auch die Verkehrspolitik, wenn man sie zur Mobilität der Zukunft befragt. Michael Praschma begutachtet mit einem gewissen Befremden die Finalisten des Staatspreises Mobilität: An einzelnen Ideen mangelt es nicht, aber es fehlt – wie andernorts auch – die klare Linie eines übergreifenden Konzepts, bei dem alle Stakeholder mitmachen.

Insgesamt ergibt das eine ausgesprochen lohnende Lektüre – und sei es nur zu Vergleichszwecken. Online findet man die österreichische Technologiebeilage im Pressezentrum des MittelstandsWiki auf https://miwiki.de/Austria201901.