Digitale Familienleistungen: Mit dem Kindergeld starten die Once-only-Systeme

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 18. September 2020 unter TOP 42 zum Entwurf eines Gesetzes zur Digitalisierung von Verwaltungs­verfahren bei der Gewährung von Familien­leistungen positiv Stellung genommen. Das Digitale-Familien­leistungen-Gesetz soll es Eltern künftig (ab 1. Januar 2022) ermöglichen, in einem bundes­weit ein­heit­lichen kombinierten Online-Verfahren Geburts­urkunde, Eltern­geld und Kinder­geld zu beantragen.

In der nächsten Ausbau­stufe soll dann auch der Kinder­zuschlag dazukommen. Vorbild für dieses „Flagg­schiff der Verwaltungs­digitalisierung“ (Dr. Franziska Giffey) war das ent­sprechende Verfahren in Österreich, das mittler­weile komplett ohne Antrag auskommt. Den „Best-Practice Case: Geburt in Österreich“ hatte Sirko Hunnius, DEL-Schieds­richter und Managing Consultant bei der Digital­agentur ]init[ (Berlin), bereits 2017 auf dem 5. Fach­kongress des IT-Planungs­rats in Bremen für das Nationale E-Government Kompetenz­zentrum (NEGZ) e.V. vorgestellt. Es ist mittler­weile ein weithin bekanntes Vorzeige­beispiel des Once-only-Prinzips, das Bundes-CIO Dr. Markus Richter als „die nächste Qualitäts­stufe“ der Verwaltungs­digitalisierung beschreibt: Nach der Umstellung von Papier auf digital kommt die Bündelung (und damit letztlich auch die Auto­matisierung) der Verfahren. Diese werde bereits bei der OZG-Umsetzung mitgedacht.

Once only bedeutet, dass ein bestimmter Satz von Standard­informationen den Ämtern nicht immer wieder neu mitgeteilt werden muss, sondern nur mehr einmal. Bestimmte andere Stellen der öffentlichen Verwaltung können diese Informationen in einem geregelten Verfahren unter­einander austauschen. Aufseiten der Verwaltung soll das mehr Effizienz und eine insgesamt bessere Daten­qualität bringen; für die Bürger sinkt vor allem der Bürokratie­aufwand. Damit das nicht mit dem Datenschutz­prinzip der Nicht­verkettbar­keit kollidiert, ist eine Ein­willigung der Daten­geber erforderlich. Das Digitale-Familien­leistungen-Gesetz ergänzt darum u.a. die Rechts­grundlagen von §8 OZG dahin­gehend, dass die Finanz­behörden „1. […] gespeicherte Daten […] im auto­matisierten Verfahren mit Einwilligung des Nutzers abrufen und 2. die abgerufenen Daten mit Ein­willigung des Nutzers an dessen Nutzer­konto übermitteln“ dürfen. Als Vertrauens­niveau soll „substanziell“ genügen.

Once only ist außerdem ein Prinzip, das europa­weit wirksam werden soll – das österreichische Vorbild steht bis heute im Showcase des 2018 abgeschlossenen europäischen SCOOP4C-Projekts (Stakeholder Community: Once-Only Principle for Citizens). Beteiligt war neben der koordinierenden Forschungs­gruppe Verwaltungs­informatik an der Universität Koblenz-Landau, der IT-Kommunal GmbH (Wien) und weiteren Partnern auch hier ]init[ – die Agentur verantwortet z.B. auch die Web­präsenz des BMFSFJ und wirkt beratend bei der IT-Konsolidierung Bund mit.

Die bundesweite Vereinheitlichung und Bündelung ist insofern nur ein erster Schritt, allerdings ein wichtiger. Denn Deutschland hat im Vergleich mit anderen EU-Ländern deutlichen Aufhol­bedarf beim register­übergreifenden Identitäts­management.

Nicht nur in zeitlichem Beschluss­zusammenhang steht das Digitale-Familien­leistungen-Gesetz außerdem mit dem bundes­weiten Unternehmens­konto auf ELSTER-Basis, das einer vergleichbaren Once-only-Logik folgt. In den Bemerkungen des Bundesrats zum Digitale-Familien­leistungen-Gesetz heißt es ausdrücklich:

„Der Bundesrat bittet […], im weiteren Gesetz­gebungs­verfahren die Regelungen zur Änderung des OZG um eine geeignete Rechts­grundlage für das Organisations­konto zu ergänzen, die eine einheitliche Identifizierung von Unter­nehmen im Portal­verbund ermöglicht.“

Der Portalverbund und das Online­zugangs­gesetz waren die Haupt­themen auf dem DATABUND-Forum 2019 in München, ebenso wie auf dem IT-Talk der Kommunen im Rahmen der KOMMUNALE.