Berufsbild Netzwerkarchitekt: Wie Netzwerkarchitekten für Durchsatz sorgen

Die Digitalisierungslandschaft erlebt immer wieder dynamische Veränderungen: Wo gestern noch Datensilos standen, müssen heute leistungsfähige Netzwerke aufgespannt werden. Und sie müssen dem wachsenden Bedarf standhalten. Netzwerkarchitekten sind die pragmatischen Visionäre dieser Entwicklung.

Baumeister der Digitalisierung

Von Friedrich List

Das Zeitalter von abgeschotteten Datenbunkern und separierten Stand-alone-Lösungen geht wohl allmählich seinem Ende entgegen. An deren Stelle treten dezentrale, verteilte Systeme, flexible Cloud-Lösungen und hoch komplexe Netzwerke. Zugleich nimmt ähnlich wie auf den überlasteten Autobahnen auch auf den Datenhighways der Verkehr unaufhörlich zu. Gefragt sind daher Spezialisten, die Netzwerke entwerfen und ausbauen, die den wachsenden Anforderungen gerecht werden. Genau das ist der Job von Netzwerkarchitekten. Sie sind gewissermaßen die Baukünstler der Digitalisierung und arbeiten an einer wichtigen Schnittstelle zwischen den verschiedenen Unternehmensbereichen, dem höheren Management und der Welt außerhalb der Firmenmauern.

Arbeitsfeld Netzwerktechnik

Netzwerkarchitekten arbeiten jedoch nicht als Solokünstler. Sie gehören immer zu einem Team unterschiedlicher Spezialisten oder zu einer bereits etablierten Abteilung für Netzwerke und Infrastruktur. In ihrer Verantwortung liegen das Konzipieren, Realisieren und Optimieren des operativen Firmennetzwerks. Ihr Arbeitsbereich ist dementsprechend vielfältig. Sie analysieren die betriebswirtschaftlichen Abläufe, die kommunikativen Erfordernisse und die notwendigen Netzwerkinfrastrukturen. Sie entwickeln die Architektur neuer Netzwerke, integrieren sie in bestehende interne und externe Strukturen, wählen passende Cloud-Lösungen aus und müssen auch den Überblick über die notwendigen Hardware-Komponenten behalten.

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Schwarz auf Weiß
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Zu ihrem Aufgabenbereich gehört es auch, Sicherheitskonzepte zu formulieren und zu optimieren. Dazu müssen sie eng mit den IT-Security-Verantwortlichen zusammenarbeiten und die für das Unternehmen relevanten Sicherheits- und Compliance-Vorgaben bei der Entwicklung der Netzwerkarchitektur umsetzen. Das setzt auch Kompetenz in Sachen VPN-Gateways voraus.

Des Weiteren sorgen sie dafür, dass die Netzwerkinfrastruktur reibungslose Abläufe im Unternehmen erlaubt. Üblicherweise im Bereich Networks & Infrastructure angesiedelt, arbeiten Network Architects mit Abteilungen wie Business Development & Digital Sales oder Data & Business Intelligence zusammen. Sie tragen nicht nur die Verantwortung für Planung und Design, sondern sie überwachen auch Installation, Konfiguration und Wartungsabläufe der verwendeten Geräte.

Vom Entwurf zum fertigen Netzwerk

Der Job des Netzwerkarchitekten beginnt oftmals mit dem Entwurf für ein firmeninternes Netzwerk. Die Grundlage dafür bildet meist ein physisches Layout des Gebäudes oder des Bereichs, in dem das Netz aufgestellt werden soll. Hinzu kommt eine Analyse sämtlicher Geschäftsprozesse und Workflows. Außerdem gilt es, die verschiedenen Nutzer und ihre Bedürfnisse im Blick zu behalten. Welche Art von Zugriffen brauchen die einzelnen Anwender? Nach Möglichkeit fließen diese Bedürfnisse in den Entwurf des neuen Systems ein. Welche Ressourcen muss das System für die einzelnen Bereiche bereitstellen? Bestehende Systeme müssen genau unter die Lupe genommen werden. Wichtig ist an dieser Stelle, den Ist-Zustand zu erfassen und mit den Unternehmenszielen abzugleichen. Ist das System solide strukturiert? Sind Komponenten veraltet? Harmonieren die verschiedenen Softwarekomponenten?

Serie: Netzwerk­markt
Teil 1 verortet die Player zwischen WAN, LAN und WLAN. Dann eröffnet DACH-Direktor Andreas Livert die Münchner Pressekonferenz des Durchstarters Extreme Networks. Teil 2 schreibt mit und sieht sich die wichtigsten Treiber des Netzwerkmarkts an: Consumer-Funknetze, IoT und die Industrie 4.0. Im Verein mit Trends wie BYOD läuft das alles auf gründliche Netzwerkautomatisierung hinaus.

Wenn der Ist-Zustand diesen Zielen nicht mehr entspricht, müssen neue Lösungen her. Mit dem Netzwerkentwurf bilden Netzwerkarchitekten die Arbeit des Unternehmens gewissermaßen digital ab und erarbeiten ein System, das diese Arbeit präzise abbildet und unterstützt. Anschließend legen sie mit Blick auf das Budget fest, welche Hardware verwendet wird, wo die Netzwerkkabel verlaufen müssen und – immer wichtiger – wie sich die Energieversorgung optimieren lässt. Außerdem klären sie, wie viele Nutzer in jedem Segment zugelassen werden. Ihre Arbeit kann sich auch auf virtuelle Aspekte erstrecken, etwa dann, wenn sie entscheiden, welche Bereiche segmentiert werden und welche Zonen fähig sind, zu kommunizieren.

Das alles ist eine planerische und koordinierende Aufgabe. In kleineren Unternehmen arbeiten sie oftmals aber auch direkt vor Ort und sorgen dort für den reibungslosen Aufbau und die Integration der verschiedenen Komponenten. Allerdings liegt selbst dann ihre Rolle eher in der Aufsicht als in der konkreten Arbeit.

Solide Grundlagen und Geduld

Netzwerkarchitekten haben üblicherweise Informatik, Ingenieursinformatik, Informationstechnik oder Nachrichtentechnik studiert. Auch Abschlüsse in Elektrotechnik sowie in Wirtschafts- oder Bauingenieurwesen liefern heutzutage die nötigen Grundlagen, um sich auf Netzwerkarchitektur zu spezialisieren. Für das moderne Arbeitsumfeld sind Fremdsprachenkenntnisse erforderlich, speziell fachrelevantes Englisch. Profundes technisches Wissen und mehrjährige Erfahrung in der Arbeit mit Netzwerkstrukturen und Netzwerkdesign sind weitere Voraussetzungen.

Wer diesen Berufsweg einschlägt, muss also mindestens einen Bachelor-Abschluss erwerben oder ein duales Studium durchlaufen. Und dann dauert es allerdings noch fünf bis zehn Jahre, bevor man für eine derartige Aufgabe infrage kommt. Vorher arbeitet man in einem oder mehreren der angrenzenden Bereiche.

Was Netzwerkarchitekten mitbringen sollten

Neben den erwähnten Skills für die Arbeit in Infrastrukturteams, den Kenntnissen von betriebswirtschaftlichen Abläufen sowie sicherheitstechnischen ebenso wie baulichen Vorgaben erfordert der Job des Netzwerkarchitekten auch tiefergehendes Fachwissen in den Bereichen

  • gängige Skript- und Programmiersprachen;
  • Kommunikation mit Netzwerkgeräten (REST, gRPC, YANG, NETCONF etc.);
  • Cloud-Lösungen wie AWS, Azure und GCP;
  • LAN, TCP/IP, Switching, Routing, SD-WAN, IPSec;
  • Konfigurationsmanagement-Werkzeuge wie Chef, Puppet und Ansible;
  • Monitoring und Fehleranalyse (HP, MRTG, Cacti, Wireshark, LiveAction);
  • Netzwerksicherheitssysteme (Firewalls, IPS, VPN-Gateways etc.);
  • ISO 2700x, ISO 20000, BSI-Grundschutz und ITIL-Frameworks.

Von der Ausbildung in den Job

Berufsanfänger ohne duales Studium beginnen ihre Tätigkeit in der Regel auf einer Trainee-Position. In dieser Zeit lernen sie die wichtigsten Systeme und ihre Einsatzgebiete im Unternehmen kennen. Danach erweitert sich der Verantwortungsbereich. Erst übernimmt man eigene Projekte, später folgen dann verantwortliche Positionen als Teamleiter. Wichtig sind Zertifizierungen für die gebräuchlichen Computersysteme. Wegen ihrer großen Verbreitung gilt das speziell für Cisco, Nortel und Novell. Ebenso wichtig sind Kenntnisse in gängigen Softwaresystemen. Welches dieser Systeme genutzt wird, kann weitreichende Folgen für die Arbeit und Effektivität des Netzwerks haben. Daher suchen Arbeitgeber gezielt nach Kandidaten, die das im eigenen Hause genutzte System gut kennen. Außerdem müssen Systemarchitekten die Abläufe im Operations Management und im Technical Field Service verstehen.

Zum Aufgabenfeld gehört auch die technische Vernetzung mit Geschäftspartnern, Kunden und potenziellen Partnern. Dementsprechend müssen Netzwerkarchitekten die Arbeit von Experten für Netzwerk-Streaming und Zuverlässigkeit verfolgen, um deren Ergebnisse für ihre Aufgaben nutzen zu können.

Durch das hohe Tempo technischer Neuerungen ist das Arbeitsfeld der Systemarchitekten in ständiger Bewegung. Das erfordert ständige Weiterbildung. Zum Teil bilden die Arbeitgeber ihre Angestellten fort, aber ein einen wichtigen Teil dieser Weiterqualifizierung erfordert auch Eigeninitiative. Systemarchitekten müssen immer auf dem neuesten Stand der Technik sein, ihre Zertifizierungen erneuern und sich über neue Arbeitsweisen auf dem Laufenden halten. Auch fachliche Spezialisierungen machen ständige Fortbildungen zu einem Muss.

Aufstieg in obere Gehaltsstufen

Die große Bedeutung von IT in Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung führt dazu, dass auch der Bedarf an Netzwerkarchitekten wächst. Sie finden also in so gut wie allen Branchen gute Beschäftigungsmöglichkeiten. Das durchschnittliche Jahresgehalt für Berufseinsteiger liegt bei 58.900 Euro. Mit mehrjähriger Berufserfahrung steigt dieses Durchschnittsgehalt auf 78.900 Euro. Senior-Gehälter erreichen gut und gerne auch die 100.000er-Marke.

Die Jobbörse Stepstone listete jüngst über 3000 offene Positionen auf. Unter den Anbietern waren Unternehmen wie der Gesundheitskonzern Röhn-Klinikum AG, die Aenova Group oder die Heidelberger Druckmaschinen AG sowie Institutionen wie die Deutsche Rentenversicherung. Unter den bekanntesten Arbeitgebern, die eigentlich immer nach Systemarchitekten suchen, finden sich Großkonzerne wie die Deutsche Bahn, die Deutsche Post DHL Group sowie die Automobilhersteller Audi, BMW, Mercedes und die Bosch-Gruppe. Der große Bedarf an erfahrenen Fachleuten hat dazu geführt, dass sich die Gehälter in den letzten zehn Jahren verdoppelt haben. Bei den gezahlten Einstiegsgehältern schneiden oft die Absolventen dualer Studiengänge am besten ab.

Wie in anderen Berufsfeldern auch variieren die Gehälter je nach Branche, Region, Standort und Berufserfahrung. Auf Stepstone lässt sich außerdem ablesen, in welchen Städten am besten bezahlt wird. Hier liegen München, Berlin und Stuttgart auf den vordersten Plätzen, allerdings mit deutlichem Abstand hinter Hamburg und Bremen. Dagegen wird im Osten immer noch weniger verdient als im Westen. Zudem hängt das Gehalt auch von den eigenen Berufserfahrungen und den fachlichen Spezialisierungen ab.

Mein Netzplan steht

Die Arbeit des Netzwerkarchitekten mag sich oftmals eher im Hintergrund abspielen. Aber die IT-Infrastruktur ist die Basis für alle Prozesse im Unternehmen, was den Netzwerkspezialisten zu einer wichtigen Figur macht. Das schlägt sich sowohl in den Gehaltsperspektiven wie auch in den nötigen fachlichen Qualifikationen nieder. Zukunftssicher ist der Job allemal und an spannenden neuen Herausforderungen fehlt es bestimmt nicht. Wer dabei den Überblick nicht verliert, kann also getrost seine Netze auswerfen und auf Jobfang gehen.

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Friedrich List ist Journalist und Buch­autor in Hamburg. Seit Anfang des Jahr­hunderts schreibt er über Themen aus Computer­welt und IT, aber auch aus Forschung, Fliegerei und Raum­fahrt, u.a. für Heise-Print- und Online-Publikationen. Für ihn ist SEO genauso interessant wie Alexander Gersts nächster Flug zur Inter­nationalen Raum­station. Außerdem erzählt er auch gerne Geschichten aus seiner Heimatstadt.

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