Forschung und Entwicklung: Indien wird voraussichtlich Weltmeister für F&E-Dienste

Indien hat sich mit einem Wirtschaftswachstum von derzeit fast 10 % zu einer der wichtigsten Konjunkturlokomotiven der Weltwirtschaft entwickelt. Das zeigt die Studie Booz & Company Global ER&D: Accelerating Innovation with Indian Engineering des Strategieberaters. Forciert werde dieser Trend von einer soliden Basis gut ausgebildeter Ingenieure, die für internationale Konzerne große Teilbereiche von Forschungs- und Entwicklungsprojekten (F&E) übernehmen. Das brachte dem boomenden Schwellenland alleine in den letzten drei Jahren bei F&E-Dienstleistungen im Engineering-Bereich über 40 % Umsatzwachstum.

Bis 2020 – so die Prognose der Booz-Experten – werde der südasiatische Innovations­standort sein jährliches Umsatzvolumen in diesem Segment von heute 8,3 Milliarden US-Dollar auf dann 40 bis 45 Milliarden US-Dollar steigern. Auch der weltweite Markt für Engineering-Dienstleistungen in F&E-Projekten befinde sich deutlich im Aufwind, stellen die Experten fest. So betrage das jährliche Wachstum aktuell 12 %. Zuletzt stieg das Umsatzvolumen von 980 Milliarden US-Dollar in 2008 auf 1,1 Billionen US-Dollar in 2009.

In zehn Jahren sollen diese F&E-Ausgaben ein Volumen von 1,4 Billionen US-Dollar erreichen. Führend bei diesen Investitionen bleiben die Automobil-, Unterhaltungs­elek­tronik- und Telekommunikationsindustrie. Daneben verzeichnen jedoch auch Branchen wie IT, Medizintechnik und Energie einen deutlichen Aufwärtstrend.

Ein etwas überraschendes Ergebnis der Studie: Im Gegensatz zu den traditionellen F&E-Standorten konnte Indien von den Auswirkungen der globalen Wirtschaftskrise sogar profitieren. „Erstaunlich viele Unternehmen haben im wirtschaftlichen Abschwung seit 2007 strategische Weitsicht bewiesen und die F&E-Budgets im Engineering-Bereich nicht nur konstant gehalten, sondern zum Teil antizyklisch erhöht“, lobt Stefan Eikelmann, Innovations-Experte und Sprecher der deutschen Booz & Company-Geschäftsführung. Dadurch könnten die betreffenden indischen Unternehmen mit innovativen Produkten sehr schnell auf Wachstum umschalten, so Eikelmann weiter. Dies erkläre das rasante Umsatzwachstum in 2009 um 12 % gegenüber dem Vorjahr und die im direkten Vergleich eher gemäßigte Prognose von 27 % für die bevorstehende Dekade.

„Indien hat sich von diesem Kuchen ein großes Stück abgeschnitten und agiert über die reine Bereitstellung von standardisierten Ingenieurleistungen hinaus immer stärker mit einem Fokus auf strategische Innovation“, weiß Eikelmann. Aktuell sei Indien bereits in entscheidende Innovationsprozesse beispielsweise in den Branchen Automobil, Luftfahrt, Telekommunikation und Medizintechnik involviert.

Darüber hinaus sei das große Potential hochqualifizierter Ingenieure ein entscheidender Standortvorteil gegenüber anderen aufstrebenden F&E-Märkten, wie China, Mittel- und Osteuropa oder den Ländern der ASEAN. Laut Booz & Company-Studie arbeiten 150.000 von über 1 Million indischen Ingenieuren im F&E-Bereich. Innerhalb der nächsten Dekade werden sie 40 % des weltweiten Umsatzes der elf Schlüsselbranchen im Bereich F&E-Offshoring erwirtschaften. Die Erhöhung der Innovationsbudgets in global agierenden Konzernen wird Indien in den nächsten Jahren voraussichtlich in ein internationales Zentrum für Ingenieurdienstleistungen verwandeln.

Für etablierte Märkte wie die USA, die aktuell einen Anteil von 40 % an den weltweiten F&E-Ausgaben aufweisen, führt im Engineering-Segment heute schon am Standort Indien kein Weg mehr vorbei. Eine große Basis an Dienstleistern, hohe Kommunikationsfähigkeit und strukturelle Kostenvorteile stärken die strategische Position des Landes. Darüber hinaus begünstigen das Wachstum des Binnenmarktes, eine unternehmerfreundliche Wirtschaftspolitik sowie hohe Investitionen in die Infrastruktur den Aufstieg Indiens zur führenden Nation auf diesem Gebiet.

Die Studie Global ER&D: Accelerating Innovation with Indian Engineering wurde von Booz & Company zusammen mit der National Association of Software and Services Companies (NASSCOM) erarbeitet. Die Studie untersucht die Strategien multinationaler Unternehmen im F&E-Bereich, entsprechende Wachstumstrends in Indien und die Positionierungsoptionen für F&E-Dienstleister in den Wachstumsmärkten der Schwellenländer. (Booz & Company/ml)