#TechTide Hannover: Per App teilen Speditionen ihre freien Parkplätze

Die Überlegung ist einfach: Mit jedem Lkw, der unterwegs ist, wird auf dem Firmengelände ein Parkplatz frei. Diesen könnte man gegen geringes Entgelt doch anderen Speditionen anbieten – und sich im Gegenzug für die eigenen Fahrer Plätze auf deren Firmenhöfen sichern. Wie das funktioniert, hat Sebastian Wilkens auf der TechTide in Hannover gezeigt.

Sebastian Wilkens ist Business Development Manager beim Pionierteam MO14 des 2016 gestarteten R+V Innovation Labs, dem der Versicherer viel Spielraum gegeben hat, damit sich die kreativen Köpfe praktische Gedanken zu autonomem Fahren, Platooning und anderen aktuellen Mobilitätsthemen machen. Ein erstes Logistikwerkzeug aus dieser Ideenschmiede ist Kravag Truck Parking. Damit lässt sich das Problem der mühseligen Lkw-Parkplatzsuche entlang der Autobahnen entschärfen: Speditionen stellen freie Plätze auf dem eigenen Gelände zur Verfügung und erhalten dafür Zugang zu freien Plätzen anderer Speditionen.

Kravag Truck Parking nutzt zu diesem Zweck eine bereits bestehende, mehrsprachige Parking-App, in der teilnehmende Kravag-Kunden das Feature freischalten können – wie das funktioniert, zeigt das YouTube-Erklärvideo am besten. Für die digitale Zugangstechnologie der Teilnehmer und die nötige Schließtechnik dieser plattformökonomischen Sharing-Lösung sorgt der Versicherer. In der Praxis bekommen die Fahrer mit einer elektronischen Steuerung Zugang zu den Stellplätzen und zu den sanitären Einrichtungen. Auf der Kostenseite fallen 7 Euro pro Parkvorgang an, davon gehen 5 Euro an den Spediteur, der den Platz anbietet.

R+V sieht sich dabei rein als Broker und Mehrwertanbieter für seine Kunden. „Es geht darum, ein Serviceprodukt anzubieten“, betont Wilkens – ein Serviceprodukt, das eben dann von Vorteil ist, wenn man Kravag-Logistic-Kunde ist:

„Wir kümmern uns darum, weil wir einen sehr, sehr großen Marktanteil haben im Güterverkehr, und wir haben die Möglichkeit, uns auch mit anderen Themen zu beschäftigen, um den Kunden einen zusätzlichen Service zu bieten.“

Auf der Vorteilseite stehen ausgeruhtere Fahrer, die nicht gegen Ende der Fahrzeit einen freien Platz suchen müssen, sondern ihre Zeit voll ausfahren und dabei sicher sein können, dass sie am Ende einen reservierten Parkplatz bekommen. Der Versicherer hofft außerdem, auf diese Weise das Problem der Ladungsdiebstähle besser in den Griff zu bekommen. Denn durch Einbrüche in Lkw entsteht in Deutschland pro Jahr ein Schaden rund 1,3 Milliarden Euro – „das sind Sachen, die wir wiederum als Versicherung sonst bezahlen müssten“, argumentiert Wilkens.

Getestet wurde das System in einer ersten Pilotphase bei der Franz Fischer Spedition in Nienburg. Allein in Niedersachsen sollen mit dem vom Land geförderten Projekt in der ersten Welle rund 400 neue Lkw-Parkplätze entstehen. Bereits im Sommer 2019 wurde die Kravag dafür als „Digitaler Ort Niedersachsen“ ausgezeichnet. Und während Wilkens am 3./4. Dezember 2019 die Lösung auf der TechTide in Hannover vorstellte, bekam das MO14-Team auf der SZ-Fachkonferenz The Digital Insurance in Köln genau dafür die Auszeichnung als „Digitaler Leuchtturm Versicherung“. Dabei konnte R+V sogar noch ein zweites Mal punkten: Corporate Claim Chain, die Schadensabwicklung per Blockchain brachte Kolja Mischok und Roland Schröder den Sonderpreistitel „Vordenker 2019“ ein.

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