Employer Branding Manager: Wer Unternehmen für IT-Talente attraktiv macht

Employer Branding Manager erledigen einen der vielleicht härtesten, zugleich aber auch wichtigsten Jobs, wenn es darum geht, ihr Unternehmen für gesuchte IT-Experten attraktiv zu machen. Zum Aufbau und Erhalt einer wirkungsvollen Arbeitgebermarke gehört aber mehr als knallige Werbung für die Firma.

Strategen für den Talentemarkt

Von Michael Praschma

Es war einmal, vor langer Zeit, als das Inserieren noch geholfen hat, da schaltete man eine Stellenanzeige und stapelte die eingegangenen Bewerbungen von links nach rechts. In der IT-Branche sind es heute dagegen die Fachkräfte, die – beinahe nach Lust und Laune – zwischen unzähligen offenen Stellen wählen können, wenn ihre Qualifikation nur irgendwie passt.

Wer ein Unternehmen im hochgradig volatilen IT-Arbeitsmarkt erfolgreich platzieren will, muss einerseits topaktuell über die Jobvorstellungen potenzieller Bewerber und Bewerberinnen Bescheid wissen. Andererseits ist er auch dafür verantwortlich, die Aufgaben des Jobs sowie die betrieblichen Rahmenbedingungen so zu gestalten und nach außen wie nach innen darzustellen, dass optimale Voraussetzungen für eine tatsächlich attraktive Stellenbeschreibung gegeben sind. Das fördert darüber hinaus aber auch langfristige Mitarbeiterbindung und -loyalität.

So gerüstet, kann ein Unternehmen dann beginnen, eine erkennbare und positive Arbeitgebermarke, den Employer Brand, als Teil der größeren Unternehmenskultur zu etablieren. Wie jedes Marketing ist das kein befristetes Projekt, sondern eine relativ komplexe, dauerhafte Querschnittsaufgabe. Deshalb spielt sich die Tätigkeit sinnvollerweise auch nicht auf Sachbearbeiter- oder Gruppenleiterebene ab, sondern wird dem Employer Branding Management (oft kurz EBM) übertragen.

Was genau ist ein Employer Brand?

Eine Marke ist das Bild und/oder der Begriff, der sich mit einem Produkt oder einem Unternehmen bzw. Unternehmensteil fest und unverwechselbar verbinden soll. Der Employer Brand kann sich dabei mehr oder weniger deutlich von der Marke unterscheiden, die sich auf die Zielgruppe „Kunden“ richtet – natürlich ohne diametral entgegengesetzt zu sein, denn das würde die Glaubwürdigkeit des Unternehmens insgesamt gefährden. Authentizität ist hier unumgänglich.

Zur Zielgruppe „Personal“ gehören im Sinne des Employer Brandings sowohl Bewerber als auch aktuell Beschäftigte, eventuell sogar ehemalige Beschäftigte. Ihnen gegenüber gilt es, die Arbeitgebermarke so zu gestalten und darzustellen, dass sie zur Mitarbeit motiviert, Jobzufriedenheit verspricht und generiert, die Leistungsbereitschaft fördert, eine befriedigende Work-Life-Balance ermöglicht und im Endeffekt die Produktivität und Qualität des Unternehmens erhöht und das Personal zu Unternehmensbotschaftern macht. Auch beim Employer Branding gibt es eine definierte Markenkommunikation, die z.B. durch einen einprägsamen Slogan oder eine darauf abgestimmte Bildsprache zur Geltung kommen muss.

Der mitunter unklare Unterschied zum Personalmarketing liegt darin, dass EBM über direkte (operative) Maßnahmen der Personalakquise weit hinausgeht. Diese können tatsächlich Projektcharakter haben, während EBM mit der Arbeitgebermarke ein strategisches Ziel verfolgt.

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Schwarz auf Weiß
Dieser Beitrag ist zuerst in unserer Magazin­reihe „IT & Karriere“ erschienen. Einen Über­blick mit freien Down­load-Links zu sämt­lichen Einzel­heften be­kommen Sie online im Presse­zentrum des MittelstandsWiki.

Mit EBM zur attraktiven Arbeitgebermarke

Wie umfangreich und differenziert die Aufgaben eines Employer Branding Managers sind, unterscheidet sich teils nach Branche, vor allem aber nach Struktur und Größe des Unternehmens und in großen Betrieben auch danach, wo das EBM angesiedelt ist. In Klein- und Mittelbetrieben wiederum wird die Zuständigkeit des EBM unter Umständen einfach beim Personalverantwortlichen liegen. Das breite Handlungsfeld des Employer Branding Managers lässt sich folgendermaßen skizzieren.

  • Zielgruppenanalyse. Sie liefert die Basis für den Employer Brand, natürlich zusammen mit dem Markenkern des gesamten Unternehmens. Diese beiden Merkmale müssen sich nicht hundertprozentig decken, aber doch harmonieren. Denn potenzielle Bewerber werden – z.B. bei einer Internet-Recherche – meist zuerst mit der Marke, wie sie sich Kunden darstellt, konfrontiert. Wenn es hier einen Widerspruch zum Employer Brand gibt, erzeugt das leicht Misstrauen hinsichtlich der Glaubwürdigkeit des Unternehmens.
  • Strategieentwicklung. Vor der eigentlichen Strategie gilt es festzustellen, inwieweit die gegenwärtigen Merkmale für die betreffenden IT-Stellen mit den Erwartungen kompatibel sind, die sich aus der Zielgruppenanalyse ergeben haben. Je nachdem sind unterschiedliche Schwerpunkte zu setzen, etwa vorrangig auf Neugestaltung von Arbeitsmodellen, Arbeitsplatzgestaltung usw. oder eher auf die Kommunikation bereits bestehender Benefits für Fachkräfte. Zudem sind die einzelnen Strategiebestandteile sorgfältig darauf zu prüfen, ob sie nachhaltig umsetzbar sein werden. Auch Bewertungsplattformen für Arbeitgeber wie Kununu oder meinChef heranzuziehen und zu nutzen, kann hilfreich sein.
  • Eigentliches Employer Branding. Auf Grundlage der beiden vorigen Stufen wird es nun ernst. Der Employer Brand wird definiert, beschlossen und in geeigneter Form dokumentiert. Je nachdem, wie komplex die Arbeitgebermarke ist, können dabei mehrere Iterationen und Tests durchgeführt, Konzeptpapiere diskutiert, Präsentationen angeboten werden etc. Auch Richtlinien für die Kommunikationsstrategie können hier bereits enthalten sein.
  • Maßnahmen planen. Das Employer Branding findet sowohl nach außen mit dem Ziel eines erfolgreichen Recruitings statt als auch nach innen, um eine hohe Mitarbeiterbindung zu gewährleisten. Die Maßnahmen greifen dabei natürlich oft ineinander. Den Wunsch der bestehenden Belegschaft z.B. nach flexibleren Arbeitsplatz-/Arbeitszeitmodellen zu erfüllen, wird in beide Richtungen wirksam werden.
  • Inhalte des Employer Brands. Brainstorming und andere Überlegungen während der Strategieentwicklung liefern bereits eine Reihe von konkreten Inhalten – also den Content des Employer Brands. Diesen gilt es nun zu vervollständigen, zu systematisieren und priorisieren. Die wahrscheinlich umfangreiche Liste wird Aspekte enthalten wie: Kern des Versprechens (Core Value Proposition); Unternehmensvision; Alleinstellungsmerkmale als Arbeitgeber und besondere Benefits; Testimonials von Mitarbeitern; harte und weiche Standortfaktoren; arbeitsvertragliche Konditionen u.a.m.
  • Kommunikation und Medienplan. In vielen Betrieben wird dieser Bereich nicht in Alleinverantwortung des EBM abgedeckt, sondern gemeinsam mit oder hauptsächlich vom Marketing, das über die entsprechenden Werkzeuge und Kanäle verfügt: von der Karriereseite der Unternehmenswebsite und Social Media über Karriereforen und Newsletter bis hin zu Events/Messen. Stichwort „Kommunikation“: Um den Employer Brand effektiv innerhalb des Unternehmens zu verankern, muss das EBM natürlich proaktiv, transparent und kooperativ mit allen Abteilungen im Austausch sein – und zwar von Anfang an und über alle Schritte des Employer Brandings hinweg.
  • Recruiting. Der eigentliche Bereich der Personalakquise von der Stellenausschreibung bis zum erfolgreichen Antritt der Stelle ist oft von überkommenen eingespielten Routinen geprägt. Das ist an sich nichts Schlechtes; allerdings muss das EBM auch darauf achten, dass das Recruiting in allen Details zum Employer Brand passt, sodass das Corporate Design als Arbeitgeber auch hier bis ins letzte Detail erkennbar ist.
  • Personalbindung und -loyalität. Was gegenüber Vorgesetzten, Geschäftsführung und Vorstand der Nachweis eines positiven ROI für das EBM, das ist eine Art atmosphärisches Controlling der Jobzufriedenheit gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Hier kommt es auf die Kommunikationsfähigkeit an, die in beide Richtungen funktionieren muss. Inwieweit etwa weitergehende Mitarbeiterwünsche sich umsetzen lassen oder nicht – eine solche Information darf nicht ergebnislos versickern, sonst erscheinen Umfragen schnell als Symbolhandlungen. Besondere Aufmerksamkeit muss das EBM auf mögliche interne Ursachen für die hohe Fluktuation von IT-Fachkräften richten.

Qualifikationen für Personalagenten

Über Insiderkreise hinaus wenig bekannt, aber durchaus schon etabliert: Es gibt tatsächlich spezifische Ausbildungen für Employer Branding Manager. Privat angebotene Fernstudienlehrgänge versprechen etwa einen Master in Employer Branding (MBA), der flexibel in 18 bis 24 Monaten erworben werden kann; die Kosten liegen bei knapp 9000 Euro. Daneben kann man sich ausgehend von bestehenden Kompetenzen im Human Resource Management auch in Richtung EBM berufsbegleitend weiterbilden lassen oder einen Zertifikatskurs belegen, zum Beispiel beim Deutschen Institut für Marketing (DIM).

Die tatsächlich im Job gefragten Kompetenzen sind je nach Unternehmen sehr unterschiedlich. Allgemein ist es sicher vorteilhaft, sich neben guten betriebswirtschaftlichen Kenntnissen und Marketing-Skills als Generalist zu verstehen und entsprechende (Schlüssel-)Qualifikationen mitzubringen: Kommunikation, Analyse, strukturiertes Arbeiten, Organisationstalent, sicherer Auftritt, Multitasking-Fähigkeit usw.

Wie sich EBM bezahlt macht

Employer Branding Manager können mit Gehältern zwischen ca. 35.000 und über 60.000 Euro (bei einem Durchschnitt von rund 53.000 Euro) rechnen, mit langjähriger Berufserfahrung und in größeren Unternehmen auch mit mehr. Die Höhe des Gehalts ist nicht zuletzt vom Bildungsabschluss abhängig. Ein weiterer Einflussfaktor ist die Position in der Hierarchie – zwischen einfachem Referenten und Verantwortlichem für die gesamte Personalstrategie können Gehaltsdifferenzen von 25.000 Euro liegen.

Der Job fällt also sicher nicht in den Niedriglohnsektor. Dass sich die Anstellung für ein Unternehmen lohnt, sollte deswegen nachweisbar sein, und zwar über den schlichten Gedanken hinaus: „Wir kriegen ja die IT-Kräfte, die wir brauchen, und sie bleiben bei uns, also alles gut, oder?“ Es ist daher klug, sich als Employer Branding Manager auch über den ROI der eigenen Stelle Gedanken zu machen, ein entsprechendes Controlling mit nachvollziehbaren Kennzahlen (KPIs) sicherzustellen und Erfolge, aber auch Optimierungsbedarf entsprechend zu kommunizieren. Für diesen wichtigen Bereich der Tätigkeit gibt es heute schon unterstützende Software-Lösungen.

Ich lass die Firma gut aussehen

Die Herausforderungen für Employer Branding Manager sind beachtlich und werden oft auch die Belastbarkeit und Resilienz im Job auf die Probe stellen. Dafür gibt es die Aussicht auf eine vielfältige und abwechslungsreiche Tätigkeit, die unter Umständen sogar hochgradig befriedigend erlebt werden kann. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass man vor einer Bewerbung sowohl die eigene Leistungsfähigkeit als auch den gegebenen Spielraum für diesen Job bei einem infrage kommenden Arbeitgeber kritisch prüft.

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Michael Praschma ist Texter, Lektor und Redakteur. Er beherrscht so unterschiedliche Gattungen wie Werbetext, Direct Marketing, Claims, Webtext, Ghostwriting, Manuals oder PR. Außerdem treibt er sich – schreibend und anderweitig engagiert – in Journalistik, Non-profit-Organisationen und Kulturwesen herum. Seine Kunden kommen aus verschiedensten Branchen. Am MittelstandsWiki schätzt er die Möglichkeit, mit eigenen Recherchen auf den Punkt zu bringen, was Verantwortliche in Unternehmen interessiert. → https://praschma.com/

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