Gründerwettbewerbe in Österreich: Wie Österreich seine Start-ups bekannt macht

Kein anderes Land in Europa bietet innovativen Start-ups derart gute Möglichkeiten wie Österreich. Neben Fördermitteln und Entrepreneurship-Initiativen sorgen diverse Gründerwettbewerbe für öffentliche Aufmerksamkeit; sie machen Investoren neugierig und helfen, eine Idee in die Umsetzung zu tragen.

Start frei für junge Ideen

Von Mehmet Toprak

Die Zahlen sind beeindruckend: Insgesamt 39.322 Unternehmen wurden 2018 in Österreich gegründet. Auch in den Vorjahren lagen die Zahlen der Wirtschaftskammer Österreich auf einem ähnlich hohen Niveau. Sicher fallen nicht alle Neugründungen unter die Kategorie Innovatives Hightech-Start-up. Angesichts einer Gesamtbevölkerung von 8,9 Millionen Menschen sind die Zahlen dennoch sehr gut. In Deutschland mit seinen 83 Millionen Menschen wurden 2018 nur 10.000 neue „innovations- oder wachstumsorientierte junge Unternehmen“ gezählt, wie aus einem Report der KfW Bankengruppe hervorgeht.

Höchste Zeit also, dass die Welt ein paar Vorurteile über das vermeintlich so gemütliche Österreich über Bord wirft. „Die Start-up-Szene in Österreich erlebt einen kräftigen und sich nun schon über Jahre hinweg stetig verstärkenden Boom“, heißt es auf der Webseite von ABA – Invest in Austria, der Betriebsansiedlungsagentur des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort. Da mag eine gute Portion Marketing und Eigenwerbung dabei sein. Doch auch eine unabhängige Webrecherche fördert schnell eine Fülle von Gründerplattformen, Start-up-Wettbewerben, Investoren, Inkubatoren und Business Angels zu Tage.

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Schwarz auf Weiß
Dieser Beitrag erschien zuerst in unserer Heise-Beilagenreihe „IT-Unternehmen aus Österreich stellen sich vor“. Einen Überblick mit freien Download-Links zu sämtlichen Einzelheften bekommen Sie online im Pressezentrum des MittelstandsWiki.

Einige österreichische Start-ups haben es inzwischen zu einer gewissen Berühmtheit gebracht, beispielsweise der Anbieter der Fitness-App Runtastic, der 2015 komplett vom Sportartikelkonzern Adidas übernommen wurde. Laut Medienberichten lag der Übernahmewert bei 220 Millionen Euro.

Unterstützung, Förderung, Wettbewerbe

Eine Ursache für das gründerfreundliche Klima liegt im Steuersystem, das Investitionen in die Forschung mit einer Steuergutschrift von 14 % belohnt. Außerdem wird die Etablierung einer „gründungsprivilegierten GmbH“ durch die Reduzierung der Mindesteinzahlung von 17.500 auf 5.000 Euro erleichtert.

Hinzu kommt, dass die Politik in Österreich – ganz ähnlich wie bei den deutschen Nachbarn – einen umfangreichen Katalog von Fördermaßnahmen für Start-ups bereithält. Eine der wichtigsten Anlaufstellen für Gründungswillige ist die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG). Ihr Kernanliegen ist es, Forschung und Entwicklung in Geschäftsmodelle zu überführen und monetarisierbar zu machen. Wenn es um Zuschüsse und günstige Kredite geht, ist Austria Wirtschaftsservice (AWS), die Förderbank des Bundes, die richtige Anlaufstelle.

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Dem letzten European Start-up Monitor (2016) zufolge sind die Start-ups in Österreich zu einem bemerkenswerten Anteil jünger als ein Jahr (35,1 %), auch die Gründer selbst sind jünger als anderswo (27,4 Jahre). Trotzdem liegt die Quote der Gründungen, die den „steady state“ erreichen mit 2,3 % über dem Durchschnitt der Studie (2,1 %). Österreich ist auch das Land, das sich am stärksten auf den gesamten EU-Markt konzentriert. Und: Während Start-ups in der Schweiz fast ausschließlich (zu 96,8 %) mit eigenen Ersparnissen loslegen, ist Österreich (gefolgt von Deutschland) der Standort mit den meisten Fördermitteln; auf eigene finanzielle Ressourcen greifen hier nur 10,8 % zurück. (Bild: Bundesverband Deutsche Startups)

Und dann gibt es ja noch die Gründerwettbewerbe. Diese finden sich nicht nur in Wien oder Salzburg. Auch in Vorarlberg, Kärnten, im Burgenland oder in Tirol gibt es diverse Wettbewerbe und Förderinitiativen. Marcus Hofer, Geschäftsführer der Standortagentur Tirol sagt: „In Tirol ist die Szene relativ klein, aber fein. Man kennt sich, es gibt kurze Wege und die Betreuung ist sehr fokussiert auf das einzelne Unternehmen.“ Die Förderinitiativen der Standortagentur kommen hier gut an. „Das Feedback der Teilnehmer ist wirklich sehr gut. Manche sind überrascht, wie hochwertig das Leistungsangebot in den einzelnen Programmen ist“, meint Hofer.

Gründerwettbewerbe, Initiativen, Plattformen

In allen Regionen Österreichs gibt es Gründerwettbewerbe. Den Gewinnern winken neben einer Geldprämie vor allem Sach- und Beratungsleistungen und mit etwas Glück überregionale Aufmerksamkeit. Mindestens ebenso wichtig wie die Wettbewerbe sind jedoch die Förderinitiativen, die Start-ups mit Informationen, Workshops und Netzwerkevents begleiten. Die folgende Übersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

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Verschränkte Förderung: HyFish leitet Fische mit einem Elektroseilrechen sicher an den Turbinen der Wasserkraftanlagen vorbei. Als Forschungsprojekt der Universität Innsbruck wurde der FishProtector mit einer Spin-off Fellowship FFG-gefördert, 2019 holten sich Ruben Tutzer, Prof. Markus Aufleger und Dr. Barbara Brinkmeier dann auch den Finalsieg beim Tiroler adventure X 2019 – und gleich auch noch den Publikumspreis. 2020 wurde der FishProtector zusammen mit einer Fischabstiegsschnecke bei der Wasserkraftanlage Leinau an der Wertach bei Kaufbeuren installiert. (Bild: Standortagentur Tirol)

Staatspreis Innovation – Die höchste Auszeichnung der Republik Österreich auf diesem Gebiet wird vom Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort vergeben. Ausgezeichnet wird ein Unternehmen, das durch „innovative Lösungskompetenz wesentlich zur nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung des Landes“ beiträgt. Geld gibt es nicht, dafür eine festliche Verleihungsfeier, Medienberichterstattung ohne Ende und eine „künstlerisch wertvolle Trophäe“. → https://www.staatspreis.at/

Sonderpreis Econovius – Dieser Preis wird von der Wirtschaftskammer Österreich im Rahmen der Verleihung des Staatspreises Innovation an ein kleines oder mittleres Unternehmen vergeben, das besonders innovative Leistungen vorzuweisen hat. Mit 12.000 Euro ist der Econovius recht hoch dotiert. → https://www.staatspreis.at/auszeichnung/sonderpreis-econovius/

Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) – Die „nationale Förderinstitution für die unternehmensnahe Forschung und Entwicklung“ gehört zu den Bundesministerien für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort sowie für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie. Die FFG versteht sich als Anlaufstelle für Gründer, die mit innovativen Technologien oder Forschungsergebnissen auf den Markt gehen wollen. Auch etablierte Unternehmen, die ihr Portfolio mit einer technologischen Innovation ausbauen wollen, werden beraten. Zudem kümmert sich die FFG um Wissenschaftler, die ihre Forschungsergebnisse als Spin-off oder in Kooperation mit einem Unternehmen auf den Markt bringen wollen. → https://www.ffg.at

#glaubandich-Challenge – Nach eigenen Angaben der größte Start-up-Wettbewerb Österreichs. Nach einer Corona-Pause in diesem Jahr soll der Wettbewerb 2021 wieder stattfinden. Gesucht werden die besten Start-ups Österreichs in neun Kategorien wie Green Energy studieren|Energy & Sustainability, AI & Robotics oder MedTech & BioTech. Bereits ab November 2020 können Projekte eingereicht werden. Die Bewerber werden zu sogenannten City-Pitches im kommenden Jahr eingeladen. Diese finden dann ab April quer durch alle Bundesländer in mehreren Orten statt, darunter Wien, Salzburg, Klagenfurt, Graz und Innsbruck. In jedem City-Pitch gibt es einen Gewinner, der 1000 Euro erhält. In einem großen Finale im Mai wird dann der Sieger gekürt. Für das Finale sind 10 000 Euro ausgelobt, zusätzlich ein PR-Paket mit gleichem Wert. Weitere Details standen zu Redaktionsschluss noch nicht fest. → https://www.sparkasse.at/sgruppe/kampagne-unternehmen/glaubandich-challenge

Burgenland: Innovationspreis Wirtschaft Burgenland – Die Wirtschafts­agentur mit Sitz in Eisenstadt schreibt gemeinsam mit Sponsoren jährlich einen Innovationspreis aus, für den sich burgenländische Unternehmen bewerben können. Der Preis geht nicht in erster Linie an Gründer, sondern an bestehende Unternehmen mit besonders innovativer Technologie oder neuartigen Dienstleistungen bzw. Produkten. Der Sieger bekommt 5000 Euro und wird zusätzlich für den Staatspreis Innovation nominiert. → https://wirtschaft-burgenland.at/innovationspreis/

Steiermark: Ideentriebwerk Graz – Diese ehrenamtliche Initiative ist nach eigenen Angaben der größte Start-up-Verein im Süden Österreichs. Ziel ist es, Start-ups miteinander zu vernetzen. Dazu werden beispielsweise Events organisiert, bei denen Gründer sich austauschen oder ihre Geschäftsidee im Pitch vorstellen. Darüber hinaus stehen die Betreiber auch mit Know-how und Informationen zur Seite. → https://www.ideentriebwerk.com/

Tirol: StadtUp Kufstein – Die bayerisch-tirolerische Grenzstadt will das Einkaufserlebnis in der Innenstadt verbessern. Deshalb werden vor allem Geschäftsideen aus den Bereichen Handel, Gastronomie und Dienstleistung gesucht. Die fünf Bewerber mit den besten Ideen erhalten umfangreiche Unterstützung, zu der auch Steuerberater-, Werbegrafiker- oder Handwerkerleistungen gehören. Insgesamt stehen für alle fünf Gewinner Sachleistungen in Höhe von 100.000 Euro bereit. Eine gute Idee allein reicht für die Bewerbung aber nicht aus, einzureichen ist hier ein tragfähiger Businessplan. → http://www.kufstein.at/de/deine-chance.html

Tirol, Südtirol/Trentino: adventure X – Dieser Wettbewerb, nicht zu verwechseln mit dem Anbieter von Abenteuertrips, ist Teil einer weitverzweigten Förderinitiative. Darin verbinden sich Akteure wie die Standortagentur Tirol sowie die Marketing-Spezialisten von IDM Südtirol und Trentino Sviluppo, um grenzübergreifend Start-ups und Spin-offs zu unterstützen. Hinzu kommen weitere Partner wie die Wirtschaftskammer Tirol, das Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen KPMG und die Hypo Tirol Bank.Unternehmensgründer stellen ihre Ideen in Tirol und Südtirol vor. Die drei Besten des Finales werden automatisch in ein Euregio-Finale eingeladen, das Tirol und Südtirol/Trentino gemeinsam bestreiten. Für den Sieger gibt es einen Geldpreis in Höhe von 5000 Euro, die Zweitplatzierten bekommen 2000 Euro, der 3. Platz noch 1000 Euro. Zusätzlich erhalten die drei Finalisten einen Beratertag bei KPMG in Wert von 1500 Euro sowie einen Monat lang einen Arbeitsplatz in einem Coworking Space. → https://www.standort-tirol.at

Vorarlberg: Lustenow! – Diese Gründerinitiative von Lustenau, einer Marktgemeinde in Vorarlberg, prüft Ideen aus den Bereichen Handel, Handwerk, Gastronomie und Dienstleistung. Die Gewinner erhalten ansehnliche Förderleistungen im Gegenwert von bis zu 25.000 Euro – noch der Fünftplatzierte darf sich über Förderung im Wert von 12.000 Euro freuen. Die Preise umfassen Beratungsleistungen in Bereichen wie Recht- und Steuerrecht, Marketing, Businessplan oder auch Geschäftsflächensuche. Sogar für die IT-Installation kann das Start-up Beratung in Anspruch nehmen. → https://www.lustenow.at

Vorarlberg: Startupland – Kein Gründerwettbewerb, sondern Anlaufstelle und umfassende Plattform für Start-ups. Die Initiative will Informationen geben, Kontakte vermitteln und die Interessen von Start-ups vertreten. So werden beispielsweise Experten oder Mentoren vermittelt oder Workshops und Pitch-Events organisiert. Daneben versteht sich Startupland auch als Treffpunkt und Motor der lokalen Gründerszene. → https://startupland.at/

Wien: INiTS – Das 2002 von der Universität Wien, der Technischen Universität Wien und der Wirtschaftsagentur Wien gegründete INiTS setzt seinen Schwerpunkt auf den akademischen Bereich. Dabei geht es um die Verwertung von Forschungsergebnissen durch Spin-offs und um Unternehmensgründungen. Die Veranstaltung Start:IP beispielsweise verbindet Technologien oder Forschungsergebnisse, die noch nicht kommerzialisiert wurden, mit interessierten Gründern oder Investoren. Die Organisatoren kombinieren Beratungsleistungen, eine üppige Finanzierungshilfe in Höhe von bis zu 100.000 Euro und ein Partnernetzwerk. Gründer, die noch keinen fertigen Businessplan haben, erhalten die nötige Unterstützung in einem 100-tägigen Start-up-Camp. → https://www.inits.at/startups/

Wien, Niederösterreich: Innovation2Company – Die Wirtschaftskammern Wien und Niederösterreich verbinden Start-ups mit etablierten Unternehmen. Drei etablierte Unternehmen aus beiden Bundesländern agieren dabei als „Buddies“. Sie küren jeweils einen Sieger bei einem Start-up-Wettbewerb und bauen mit diesem dann ein neues Business auf, das auf der Idee des Bewerbers beruht. → https://www.innovation2company.at

Papierkram und Beratung

Richtig üppig sind die Preisgelder der Gründerwettbewerbe in der Regel nicht, die Gewinner dürfen sich im Durchschnitt auf ca. 5000 Euro einrichten. Beträge von 10.000 Euro oder mehr sind eher die Ausnahme. Einen nachhaltigeren Effekt sollten ohnehin die Sach- und Serviceleistungen haben, mit denen die Erstplatzierten bedacht werden. Hier gibt es zum Beispiel Begleitung beim Erstellen eines tragfähigen Businessplans und viele Beratungsangebote in Bereichen wie Handels- und Steuerrecht, Marketing oder Vertrieb.

Marcus Hofer sieht vor allem bei den Punkten Geschäftsmodell und Finanzierung noch Beratungsbedarf. Und auch das Thema Vertrieb wird von den Start-ups bisweilen noch vernachlässigt. „Was nützt das beste Produkt, wenn es keiner kaufen will? An diesen Eckpunkten versuchen wir anzusetzen und die Start-ups bestmöglich zu begleiten“, sagt Hofer.

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Marcus Hofer ist Geschäftsführer der Standortagentur Tirol. Er sagt: „Die Startup Szene in Österreich ist noch relativ jung und hat sich erst in den letzten zehn Jahren richtig entwickelt.“ (Bild: Standortagentur Tirol)

Eine vielfach übersehene Voraussetzung für den Erfolg ist auch die IT-Ausstattung. Gerade, wer in Corona-Zeiten verstärkt auf Mitarbeiter im Homeoffice angewiesen ist, benötigt eine leistungsfähige und skalierbare Softwareplattform, die reibungslose Kommunikation und einen ebenso sicheren wie bequemen Datenaustausch ermöglicht. Nur so kann sich das Gründungsteam auf seine vielfältigen Aufgaben konzentrieren: Aufbau eines gut kalkulierten Geschäftsmodells, Etablierung eines schlagkräftigen Teams, Entwicklung von Produkten oder Dienstleistungen, die für Kunden ein Problem lösen oder einen Bedarf decken – und nicht zu vergessen das dynamische Marktumfeld, das man ständig im Auge behalten sollte. Ein Aufgabenpaket, das trotz aller Fördermaßnahmen eine echte Herausforderung darstellt. In Österreich sind viele Start-ups dieser Herausforderung offenbar ganz gut gewachsen.

Serie: Gründerwettbewerbe
Teil 1 beginnt die Übersicht im Südwesten mit Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Hessen und dem Saarland Teil 2 führt die Liste für Bayern und Thüringen fort. Von dort aus wirft Teil 3 gleich noch einen Blick auf die Gründerwettbewerbe in Österreich. Lesenswerte Seitenstücke sind die Preisträger-Interviews mit Thorsten Pehl von audiotranskription.de, Gregor von dem Knesebeck von bilandia sowie den Architekten Michael Traut und Christine Pietsch.

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