Digitalisierung in der Gastronomie: Wo das Bierglas mit der Theke spricht

Die Digitalisierung ist am Stamm­tisch ange­kommen: Jetzt werden Bars und Trink­gefäße smart. Rastal hat eine digitale Lösung ent­wickelt, mit der Gastro­nomen einen exakten Über­blick über Ge­tränke­vorlieben und den Durst der Gäste erhalten. Her­steller opti­mieren damit Pro­duktion, Logistik und Marketing.

Ein Chip im Glas macht smarte Wirte

Von Deborah Grauert, Palmer Hargreaves

Gin ist in den letzten Jahren zum Trendgetränk avanciert, Hugo und Aperol Spritz sind besonders im Sommer beliebt. Und nach wie vor halten die Deutschen dem Bier die Treue. Laut Statistikportal statista bleibt Deutschland der mit Abstand wichtigste Biermarkt in Europa. Der Gerstensaft, genauer das Pils, ist einer Erhebung aus den Jahren 2015 und 2016 zufolge das beliebteste alkoholische Getränk der Deutschen. Aber auch Mixgetränke oder alkoholfreie Varianten erfreuen sich wachsenden Zuspruchs. Die Bandbreite an beliebten Getränken für Kneipe, Biergarten und Restaurant steigt, ebenso die Ansprüche der Kunden, die eben jene Auswahl in den Gastronomiebetrieben erwarten. Im passenden Glas, versteht sich.

Das ist eine Herausforderung für Wirte, Restaurantleiter oder Festivalveranstalter, denn besonders bei neuen, wechselnden oder saisonalen Vorlieben der Gäste können sie oft nur sehr grob abschätzen, an welchen Tagen welche Getränke in welchen Mengen vorrätig sein sollten und wie viel davon unmittelbar für den Ausschank gekühlt sein muss. Um rentabel zu wirtschaften, will ein Gastwirt zudem diese Getränke möglichst günstig einkaufen und gleichzeitig darauf achten, die Lagerkosten für seine Vorräte möglichst gering zu halten.

Vom Glas in die Cloud

Abhilfe schafft künftig Glashersteller Rastal. Denn das mittelständische Traditionsunternehmen aus dem rheinland-pfälzischen Höhr-Grenzhausen lässt seine Trinkgefäße demnächst mit den Bars und Tresen dieser Welt kommunizieren. Was das digitale Glas der ebenfalls von Rastal entwickelten smarten Theke zu sagen hat? Beispielsweise, welches Getränk gerade im Glas ist, wie häufig der Gast nachordert oder wie voll – bzw. leer – es ist.

Die Technik dahinter: Die Gläser sind mit einem Ring versehen, der einen individuellen Chip enthält. Diesen kann das Unternehmen je nach Glasart und -form gestalten und einbauen. Gut zu wissen für Groß- und Gastronomiebetriebe: Das digitale Hightech-Glas bleibt dabei spülmaschinentauglich.

Über NFC (Near Field Communication) senden die Sensoren die erhobenen Daten an die zugehörige vernetzte Bar. Und diese wiederum übermittelt sie in die Cloud der Dinge der Deutschen Telekom. Die Datenwolke wertet die Informationen zu Art und Menge der Getränke sowie zu Datum und Uhrzeit der Bestellungen aus und bereitet sie nahezu in Echtzeit übersichtlich auf.

Thema: Digitalisierung
Eine Einführung macht mit Chancen und Risiken vertraut; dazu gibt es gleich die ersten Beispiele: Otto in Hamburg, Lufthansa Technik und Viessmann in Berlin. Danach geht der Blick Richtung Nordrhein-Westfalen zu Henkel und Grohe, aber auch zu Hidden Champions wie der Harting-Gruppe. In Bayern sind Jungheinrich, die Wenzel Group, Lamilux und natürlich KUKA gute Beispiele, in Baden-Württemberg Firmen wie Festo und Trumpf. Der Blick über den Tellerrand nach Österreich zeigt, dass dort Namen wie Erema, Radel & Hahn und LiSEC, aber auch Red Bull digital erfolgreich unterwegs sind. Auf die Chancen der Digitalisierung geht dann Matthias Meyer genauer ein, der Beispiele aus den Bereichen Big Data, Augmented und Virtual Reality sowie Open Innovation nennt. Eher in Richtung Disruption geht das Digitalisierungsinterview, das wir mit Andreas Franken geführt haben; mit ihm haben wir außerdem über die Folgen für den Arbeitsmarkt gesprochen. Weitere Gastbeiträge behandeln das Thema aus der Perspektive von Marketing und Vertrieb, Kundendienst, Logistik, Baubranche und Gastronomie sowie Kommunikationstechnologie. Nicht zuletzt steht auch die Digitalisierung der Energiewende an.

Mehr Wasser oder Wein?

Vorteile für den Gastronomen: Er hat stets einen aktuellen Überblick über den Konsum seiner Gäste. So erkennt er im laufenden Betrieb, bereits bevor der Zapfhahn nur noch Schaum spuckt, dass er in Kürze ein neues Fass anschlagen muss oder wie viele Getränke er im Kühlraum vorhalten sollte. Zusätzlich kann die Cloud die von den Gläsern erhobenen Werte auch mit weiteren Informationen kombinieren – etwa mit den Wetterdaten – und daraus wertvolle Schlüsse über den mutmaßlichen Getränkekonsum ziehen.

Damit weiß der Wirt dann auch, was die Gäste bevorzugt an heißen Sommertagen ordern, wie viele Bestellungen an Regentagen über den Tresen wandern, wann genau Wasser und wann Wein getrunken wird. So kann er sowohl die Getränkestellungen besser kalkulieren als auch die Personalplanung optimieren.

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Dipl.-Kfm. Raymond Sahm-Rastal ist Inhaber und geschäftsführender Gesellschafter der Rastal GmbH & Co. KG. Das 1919 gegründete Familienunternehmen agiert mittlerweile weltweit und produziert rund 120 Millionen Gläser pro Jahr. Rastal bietet als Partner der nationalen und internationalen Getränkewirtschaft, der Gastronomie und des Handels nicht nur Know-how rund um Glasdesign, Produktion und Veredelung, sondern auch ein umfassendes Servicespektrum von sensorischen Gläsertests bis zur individuellen Logistiklösung. Für die IoT-Lösung Smartglass hat Rastal als Kooperationspartner die Telekom Deutschland GmbH mit ins Boot geholt.


Rastal GmbH & Co. KG, Rastal-Straße 1, 56203 Höhr-Grenzhausen, Tel.: 02624-16-0, welcome@rastal.com, www.rastal.com

Digitalisierung in der Gastronomie vorantreiben

Aber auch Getränkehersteller profitieren von den schlauen Produkten: Sie können darüber Produktion, Lagerung und Logistik für die Gastronomiebetriebe exakt an den tatsächlichen Bedarf anzupassen. „Verbrauchsdaten unmittelbar am Ort des Konsums zu gewinnen, war bisher für Getränkehersteller kaum möglich“, sagt Raymond Sahm-Rastal, geschäftsführender Gesellschafter von Rastal. „Damit könnten sie sich in einem stark umkämpften Markt durch neue Kunden-Insights besser positionieren.“ Und der Hersteller will die Digitalisierung in der Gastronomie noch weiter vorantreiben: In Zusammenarbeit mit der Telekom bietet das Unternehmen kundenindividuelle, flexible, skalierbare und kostengünstige Umsetzungen auf höchstem Level.

Smarter Selfservice

„Langfristig haben wir das Ziel, smarte Gläser und die Bar dank Smartphone in ein Ende-zu-Ende-Selbstbedienungssystem für Getränke zu integrieren, bei dem vom Bestellen bis zum Bezahlen alles so schnell und bequem wie möglich abläuft“, beschreibt Rastal-Chefdesigner Carsten Kehrein die weiteren Pläne. In diesem Szenario könnte etwa der Chip des intelligenten Glases die Zapfanlage freischalten oder Gäste könnten ihr Glas mit einem bestimmten Guthaben aufladen – ein Komfortgewinn, der sich für den Gastwirt in höheren Gästezahlen und letztendlich mehr Umsatz niederschlagen könnte.

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